Wertschöpfung und Wertverlust

Ich sitze gerade über einer Trainingseinheit zum Thema „Umgang mit Dingen“ – Konsum also. Da stoße ich auf diesen schönen Bericht über Jens Mittelsten Scheid, der seinen Reichtum als Vorwerk-Erbe in Stiftungen investiert. Der 68-jährige hasst den ständigen Konsum, trägt zum Kummer seiner Frau bei Beerdigungen noch den Abituranzug – das würde bei vielen aus anderen Gründen scheitern – und hat das „Haus der Eigenarbeit“ in München gegründet, in dem man selbst Dinge machen kann, statt einfach zu konsumieren. Hintergrund der Idee ist, dass wir selbstgemachte Dinge nicht so schnell wegwerfen und Menschen lernen, auf ihre Fähigkeiten zu vertrauen. Mittelsten Scheid sagt:

Menschen sollen die Vielfalt ihrer Fähigkeiten kennenlernen und den Mut fassen, sich stärker einzubringen.

Ein anderer sehr aufschlussreicher Artikel steht diese Tage in der Zeit ein Kommentar von Pavlos Klimatsakis, der den Deutschen die Misere Griechenlands erklärt. Der Hintergrund ist für Klimatsakis ein Identitätsproblem. Seit der Befreiung von osmanischer Herrschaft ist es dem Land, dem wir die Grundlagen unserer europäischen Kultur verdanken, nicht gelungen, in der Bildung aufzuholen und eine starke Identität aufzubauen. Nach dem zweiten Weltkrieg orientierte man sich nach Westen, wurde in die EU aufgenommen, bekam den Euro. Und verlor im Konsumrausch alle traditionellen Werte:

Obwohl die Präsenz Griechenlands in der EU ein in wirtschaftlicher Hinsicht wirklicher Gewinn für das Land war, nahm die Mentalität des Volkes gleichzeitig eine unerwartete nihilistische Wende. Bis vor dreißig Jahren hat die kulturelle Tradition, die sich hauptsächlich dem orthodox-christlichen Credo verdankte, dem Volke sittliche Stützen verschafft. Die nähere Bekannschaft mit dem fortgeschrittenen Westen, Europa und USA, hat in den letzten Jahrzehnten die herkömmlichen Werte und Sitten pulverisiert. Die Griechen haben sich seitdem in regelrechte Betrüger, Lügner und Verleumder gegeneinander gewandelt. Dies betrifft sogar die grosse Mehrheit des Volkes.

Share