Messiashoffnung – zwei Wirkungen

Die Messiashoffnung kann in beiden Richtungen wirken: Sie kann das Herz der Menschen aus der Gegenwart abziehen und in die Zukunft setzen. Dann entleert die Messiashoffnung das gegenwärtige Leben, das Handeln, aber natürlich auch das Leiden an den gegenwärtigen Unterdrückungen. Sie kann aber auch die Zukunft des Messias vergegenwärtigen und die Gegenwart mit dem Trost und dem Glück des nahenden Gottes erfüllen. Dann erzwingt die messianische Idee gerade kein »Leben im Aufschub«, sondern ein Leben in der Vorwegnahme, in welchem alles schon in endgültiger Weise getan werden muss, weil das Reich Gottes auf die Weise des Messias schon »naheherbeigekommen« ist.

Jürgen Moltmann in: Der Weg Jesu Christi. Christologie in messianischen Dimensionen. S. 43

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Wer ist hier benebelt?

In den letzten Monaten fand ich beim evangelikalen Medienmagazin Pro den einen oder anderen lesenswerten Kommentar und dachte schon, ob die Redaktion ihre stramm konservative Linie nun aufgibt? Doch mit diesem Versuch, den Verteidigungsminister gegen angebliche Medienhetze in Schutz zu nehmen, rückte sich das Bild wieder zurecht: Alles bleibt, wie es immer war.

Zur Erinnerung: zu Guttenberg war in der Öffentlichkeit fast (und das war das Neue) unisono für seinen Afghanistan-Trip kritisiert worden, auf dem ihn seine Frau und Johannes B. Kerner begleiteten. Letzterer ist (abgesehen von dem Mini-Eklat um Eva Herman in seiner Sendung) ja nicht gerade als kritischer Fragensteller bekannt, sondern als jemand, der seinen Plaudergästen weit entgegenkommt, Und Kerner ist kein politischer Journalist, sondern er macht Unterhaltung im Privatfernsehen. Dass so etwas in Amerika üblich ist, preist „Pro“ nun als Fortschritt an: Der Krieg sei dort als Normalität akzeptiert, man gehe pragmatisch damit um.

Wir hingegen, behauptet „Pro“, haben ein gespaltenes Verhältnis zum Krieg in Afghanistan, davon zeugen die angeblich „benebelten Reaktionen“ der Presse. Vor allem sei man gleichgültig gegenüber dem Schicksal der Soldaten, und es sei Guttenbergs Verdienst, diese Gleichgültigkeit überwunden zu haben.

Da frage ich mich, in welchem Land der Kommentator Moritz Brecker eigentlich lebt. Von „Gleichgültigkeit“ kann keine Rede sein. Natürlich gibt es eine gewisse Zurückhaltung, vielleicht auch Sprachlosigkeit, aber die rührt doch daher, dass wir feststellen, aus purer Gefälligkeit gegenüber den Amerikanern vor neun Jahren mit in ein Land einmarschiert zu sein, das sich keineswegs so leicht „befrieden“ lässt, wie man damals dachte. Und jetzt, so scheint es vielen, sitzen wir mit auf dem Pulverfass und können weder vor noch zurück. Eine stabile Regierung in Kabul ist nicht in Sicht. Ein Abzug unverrichteter Dinge wäre ebenfalls eine Katastrophe. Was bitteschön sollen wir da noch sagen? Die Familien der toten Soldaten haben sicher Anteilnahme verdient, und die Truppen vor Ort unseren Respekt, aber wer kann denn heute noch den Sinn solcher Opfer stimmig erklären? Völlig Zu Recht schreibt die Zeit dazu:

Aber erklärt werden soll nichts, sondern beworben mit der üblichen Masche, die Kerners und auch Guttenbergs Markenzeichen ist, nämlich kübelweise Emotion, Herz und Betroffenheit. Zweifellos sind die Erzählungen der Soldaten furchterregend. Anstatt zu fragen, warum so etwas überhaupt erlitten werden muss, wendet Kerner das Leid der Truppen in einen Appell an die Bevölkerung, falls diese nicht schon vor dem Fernseher eingeschlafen ist.

Vielleicht wäre mehr Schweigen angesichts der nagenden Zweifel und bitteren Ratlosigkeit derzeit tatsächlich angemessener. Und vielleicht sollte Guttenberg (und in seinem ergebenen Gefolge auch „Pro“ als eifriger Verteidigungsministerverteidiger) das schon mal einüben.

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