Torn (10): Wer A sagt, muss nicht B sagen

Justin Lee entschließt sich, Brücken zwischen seiner christlichen Studentengruppe und der homosexuellen Hochschulgruppe zu bauen. Beide Lager stehen einander recht ablehnend gegenüber. Auf einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung beider Gruppen erzählt er seine Geschichte und ist erstaunt, wie sehr das viele Zuhörer bewegt. Zum ersten Mal bekommt er Kontakt zu Menschen, denen es ganz ähnlich geht an der Schnittstelle beider „Welten“.

Nach seinem Studienabschluss startet Lee eine Internet Community, das „Gay Christian Network“. Binnen kurzer Zeit sind über 1.000 Leute angemeldet, die sich dort austauschen und einander tragen und begleiten. Die einen lebten zölibatär, die andere in festen Partnerschaften, die einen suchten Freundschaft, andere Liebe, wieder andere suchten Gott. Der gemeinsame Nenner ist die Leidenschaft für Gott und die Überzeugung, dass Christen besser auf Homosexuelle zu- und eingehen sollten. In allen anderen Fragen gibt es ganz unterschiedliche Standpunkte. 2005 findet die erste Konferenz des GCN statt.

Von Anfang an hatte sich Justin Lee an einer Initiative namens „Bridges Across“ orientiert. Deren Gründer waren im Blick auf homosexuelle Partnerschaften geteilter Meinung, aber sie arbeiteten daran, das Verständnis für den anderen zu fördern. Und dabei erschien es nicht hilfreich, die Standpunkte in „pro und contra Homosexuelle“ einzuteilen, ebenso wenig in „konservativ und liberal“. Schließlich sprachen sie von Side A und Side B. Seite A glaubt, homosexuelle Beziehungen sind ebenso gut und wertvoll wie heterosexuelle. Seite B glaubt, die Ehe von Mann und Frau ist Gottes Norm. Lee greift diesen Gedanken auf, er will vorleben, dass Christen auch mit solch unterschiedlichen Meinungen einander tief verbunden bleiben können.

Inzwischen ist das Netzwerk weiter gewachsen. Lee macht sich keine Illusionen, dass die Meinungsunterschiede demnächst passé sein könnten. Um so wichtiger ist es ihm, dass beide Seiten weiter auf einander zugehen, den anderen anhören und respektieren lernen und damit Zeichen setzen in einer Welt, die sich über solchen Fragen in der Regel zerstreitet.

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