Zwei(n)samkeit

Er liebt die kultivierte Oberfläche
was drunter lauert, fragt er lieber nicht,
ahnt bestenfalls die Träume, Kummer, Schwäche,
weil er nie tief genug in ihre Augen blickt.

Er freut sich, wenn sie glänzt und fröhlich blendet
und alles wunderbar problemlos scheint,
und schweigt apathisch, wenn das Blatt sich wendet,
zieht sich zurück, wirkt hilflos, wenn sie weint.

Er hat sich längst sein Bild von ihr erschaffen,
die Risse weigert er sich strikt zu sehen.
Selbst scharfe Worte sind da stumpfe Waffen;
nun schweigt sie resigniert und lässt ihn stehen.

Was gibt es, das sie an ihm wohl begeistert?
Sie redet von ihm tapfer und gefasst.
Er wird ertragen, als Problem gemeistert
nicht groß geliebt, dafür auch nicht gehasst.

Visionen? Weg? Sie sind auf keiner Reise;
der Kurs ist eingefahren, routiniert, steril.
Auch dolce vita dreht sich irgendwann im Kreise,
aller Genuss wird schal – es fehlt das Ziel.

Wie lange wird man wohl zusammen lachen
wenn man nicht mit einander weinen kann?
Die Frage ist nicht: Wird sie ihn verlassen?
Sie lautet: Kam sie jemals bei ihm an?

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Sirenen

Dieser Gesang,
der über die See weht,
dringt tief in die Seele.
Jede Sehnsucht,
die je dort lebte,
fängt an zu brennen.
Verbrauchte Träume
wieder auf Sendung
glasklar, hautnah.

Diese Stricke,
die mich hier halten,
retten mein Leben.
Denn zwischen mir
und dem, was mich zieht,
liegt nur Zerstörung.
Taube Gefährten
rudern treu weiter
das Boot das uns trägt.

Diese Zweifel,
die mich bedrängen,
wollen nicht schweigen.
Kann denn das Schöne
nicht zugleich wahr sein,
nicht immer gut?
Werde ich jemals
wieder vergessen,
was an mein Ohr drang?

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