Team Regenbogen oder Team Apokalypse

Multiple, sich überlagernde und gegenseitig verschärfende Krisen sind das Kennzeichen des 21. Jahrhunderts. Die großen Kirchen sind in ihrer institutionellen Form Geschöpfe des 20. Jahrhunderts und kommen erst allmählich in dieser Realität an. An vielen Stellen sind wir zudem noch mit unseren eigenen, internen Krisen beschäftigt. Nicht alle sind begeistert von der Idee, sich in die hitzigen Debatten einzumischen und Position zu beziehen.

Und selbst wenn, es bleibt noch die Frage, was unser Beitrag sein könnte oder sollte. Auch da liegen die Einschätzungen zum Teil weit auseinander. Hier werfe ich einen Blick auf die beiden Pole. Es gibt freilich viel dazwischen, aber diese Mitte ist, wie ich zeigen möchte, auch alles andere als golden.

Die Ausgangslage

Auch wenn der Ukrainekrieg gerade fast alles überlagert, die Nachrichten von der Klimafront müssten uns noch viel mehr Sorgen machen. Hier ein paar Schlaglichter der letzten Wochen:

Team Regenbogen

Im Team Regenbogen denkt man: Schlechte Nachrichten gibt es in der Welt mehr als genug, Christen müssen Hoffnung verbreiten. Also konzentrieren wir uns auf das Gute, das geschieht, und weniger auf das Bedrohliche und Deprimierende. Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Wir betonen die Hoffnung auf einen neuen Himmel und eine neue Erde, die ganz am Ende der Bibel steht, oder wir gehen ganz an den Anfang der Bibel und betonen die Treue Gottes zu seiner Schöpfung in der biblischen Urgeschichte. Als fest etabliertes Gegenbild zum Klimakollaps dient dann meist der Regenbogen. Gott hat ja versprochen, dass nicht alles den Bach runtergeht. Wer hingegen alarmistisch agiert, verrät damit nur den eigenen Unglauben. Und wenn er/sie auch noch emotional wird, stört die „Hysterie“ den Seelenfrieden, den zu verbreiten unser Auftrag ist.

Fragen an das Team Regenbogen

Aber ist es wirklich so, dass „die Welt“ (also unser öffentlicher Diskurs) sich den Tatsachen der Klimakrise und den begründeten Prognosen der Klimaforschung stellt? Mir scheint eher das Gegenteil der Fall zu sein: Verharmlosung, Verdrängung, Verschleppung sind an der Tagesordnung. „Keep it light, fun“ ist die irre Anweisung, die das Team der TV-Nachrichten in der Satire „Don’t Look Up“ den Wissenschaftler:innen erteilt, die den Asteroiden auf Kollisionskurs entdeckt haben und vor einer globalen Katastrophe warnen. Aber die Satire liegt eben ganz nah an der Wirklichkeit.

Ob der Regenbogen, der einem Wolkenbruch häufig vorausgeht oder folgt, für die Flutopfer im Ahrtal (oder sonst irgendwo auf der Welt) noch irgendwelche tröstlichen Gefühle bereithält, wäre erst noch zu verifizieren. Und mit dem Verweis auf die Neuschöpfung lässt sich das milliardenfache Leid, das die Erdüberhitzung in den kommenden Jahrzehnten mit sich bringen wird, ähnlich elegant überspringen wie mit dem Hinweis, dass „die Natur“ den menschengemachten Kollaps freilich überleben wird – nur halt die Spezies Homo Sapiens (und ein paar hunderttausend andere) nicht. Zudem macht die Ewigkeitsperspektive (egal ob theistisch oder atheistisch) den immensen Zeitdruck unsichtbar, unter dem wir fünf Jahre vor einem wahrscheinlichen Point of no return stehen.

Billige Hoffnung?

Könnte es analog zu Bonhoeffers „billiger Gnade“ auch eine billige Hoffnung geben? Sie wäre billig, wenn sie sich an der aufreibenden Konfrontation mit den gewaltigen Kräften des „Weiter so“ vorbeimogelt. Sie wäre billig, wenn sie vertröstet und dabei verharmlost, was Menschen jetzt schon und künftig das Leben zur Hölle macht.

"Sie heilen den Schaden meines Volks nur obenhin, indem sie sagen: »Friede! Friede!«, und ist doch nicht Friede." 

Diese Klage des Jeremia gegen das Abwiegeln der Priester und Tempelpropheten ging mir in den letzten Wochen immer wieder durch den Kopf, als ich so manches „wir-haben-Putin-unterschätzt“-Bekenntnis las. Die Folgen dieser Fehleinschätzung sind noch nicht absehbar. Aber das wirft die nächste Frage auf: Wiederholen wir diesen Fehler, wenn wir uns in der Klimafrage vor Positionen scheuen, die in der veränderungsresistenten Mitte der Gesellschaft als „radikal“ erscheinen könnten?

Bei allem, was man in den biblischen Schöpfungstexten an wunderbaren Perspektiven auf die Erde und unsere Mitgeschöpfe lernen kann, stammen sie doch weitgehend aus den königlich-priesterlichen Traditionen des Alten Testaments. Disruption ist dort nicht vorgesehen, da geht es um Stabilität und Kontinuität – wie in der bürgerlichen Politik. Aber Disruption auf allen Ebenen (Klima, sozialer Friede, Demokratie) ist genau das Thema, mit dem wir jetzt wie nie zuvor konfrontiert werden. Die biblischen Schöpfungstexte spiegeln die Lebensbedingungen des Holozän wieder. Dass diese sich im Anthropozän radikal ändern könnten, war für ihre Verfasser unvorstellbar. Sie geben keine Garantie, dass Gott uns schon davon abhalten wird, die Kippunkte zu überschreiten.

Team Apokalypse

Die biblische Apokalyptik ist ein Kind der Prophetie. Die Propheten waren und sind die Systemkritiker, die Gottes Vorbehalt gegenüber den Mächtigen und ihrem Gebaren verkörpern, oft genug auch seinen ausdrücklichen Protest. Die Propheten spitzen zu – polemisch in ihren Gerichtsdrohungen und poetisch in ihren Verheißungen des Heils, während um sie herum gerade alles zusammengebrochen ist.

In der Apokalyptik entwickelt sich diese herbe Krisenpoesie weiter. Reale weltpolitische Umbrüche erscheinen als Kampf mythischer Wesen, Irdisch-Geschichtliches wird auf eine kosmische Leinwand projiziert. Die Elemente (Himmel, Meer, Erde, Winde) erscheinen als Akteure (Bruno Latour lässt grüßen) in diesem Geschehen. Mit ihrer Hilfe führt Gott den Sturz der Gewaltherrscher herbei.

Die Apokalyptik gibt uns Worte und Bilder für die Gegenwart, in der die Menschheit sich je befunden hat. Wir sind dabei, kollektiven Selbstmord zu begehen, sagte UN-Generalsekretär Guterres schon im Dezember 2020. Der neigt normal nicht zur Panik, aber es ist gerade nichts normal. John Kerry, der Klimabeauftragte der US-Regierung, spricht von einem „globalen Selbstmordpakt“. Es ist grotesk, und das lässt sich mit normaler Sprache nicht mehr adäquat wiedergeben. Die Rohstoffkonzerne sind Ungeheuer, die das Leben auf der Erde dem Profit opfern.

»Klimaaktivisten werden manchmal als gefährliche Radikale dargestellt, aber die eigentlichen gefährlichen Radikalen sind die Länder, die die Produktion fossiler Brennstoffe steigern.« (Antonio Guterres)

Apokalyptik ist nicht Panik, sondern der neue Realismus. Es ist bitterernst. Es ist Zeit für Klage, Zorn und Galgenhumor. Alles, was nicht abwiegelt und „normalisiert“. Alles, was nicht den Eindruck erweckt, wir hätten unbegrenzt Zeit, uns in winzig kleinen Schritten fortzubewegen, das Ruder erst einmal sachte acht oder achtzehn Grad zu drehen anstatt der nötigen 180.

In den großen Kirchen haben wir uns die Apokalyptik abgewöhnt, weil über die Jahrhunderte immer wieder falscher Alarm ausgelöst wurde. Ich erspare mir jetzt die Aufzählung aller Personen und Bewegungen, die den Weltuntergang irrtümlich für ihre Lebenszeit vorhergesagt hatten. Die schrägen Endzeitszenarien der „Left Behind“-Romane sind nur das jüngste Beispiel für sektiererische Verdrehungen. Aber das bedeutet ja nicht, dass es auch einen berechtigen Alarm geben kann und eine sachgemäße Interpretation der biblischen Apokalyptik. Sicher nicht als Endzeit-Fahrplan, der sich eins zu eins dem Gang gegenwärtiger Ereignisse zuordnen lässt (so war es nie gemeint). Wohl aber als Aufforderung, das Undenkbare zu denken – das Ende der Mächte und Akteure, die „die Erde verderben“ (Offb 11,18).

Der wandernde Horizont

Apokalyptik bedeutet nämlich nicht immer gleich Weltuntergang. Nicht der Kosmos wird vernichtet, sondern die Weltzeit (Aion) geht zu Ende. In der Bibel sehen wir einen wandernden eschatologischen Horizont. Für die großen Schriftpropheten ist es die Zerstörung Jerusalems und des ersten Tempels. Im Danielbuch ist es der Untergang der antiken Weltreiche. Jesus kündigt die Zerstörung Jerusalems durch die Römer an und bei Paulus und dem Seher Johannes richtet sich der Blick auf das Ende des Imperium Romanum. Nicht die Welt geht unter, aber die Welt, wie wir sie kennen. Und nun steht uns mit dem sich anbahnenden Kollaps des Klimas und dem Ende des Holozäns ein Zivilisationsbruch ins Haus, der all jene Untergänge in den Schatten stellt. Andrew Perriman hat dazu viel Lesenswertes geschrieben, und auch er betont dabei die prophetische Dimension:

First, the church needs to recover a plausible prophetic voice—to warn, to call for repentance and change, to explain how and why the crisis has come about, to begin to outline a new meaningful, sustainable, long-term future for the church in the secular-humanist West, to keep the story moving forwards.

Tom Wright weist in seinen Arbeiten zur Verkündigung Jesu immer wieder darauf hin, dass Albert Schweizer die richtige Fährte verfolgte, als er gegen die Leben-Jesu-Forschung die apokalyptische Dimension radikal herausstellte. Und er merkt zugleich an, dass Schweizer irrtümlich annahm, Jesus habe von einer kosmischen Katastrophe gesprochen und nicht von der Zerstörung Jerusalems im jüdischen Krieg. Für Wright spricht Jesus nicht vom Ende der Geschichte, sondern vom Ende einer Ära.

Jesus war Apokalyptiker und Prophet. Die Selbstbezeichnung „Menschensohn“ ist ein unübersehbarer Hinweis darauf. Zu den königlich-priesterlichen Traditionen verhielt er sich (vorsichtig gesagt) sehr differenziert. Bilder und Begriffe, mit denen Jeremia und andere den Untergang Babylons angekündigt hatten, überträgt er in Markus 13 auf die Hauptstadt Judäas. Er weint und klagt, er provoziert und dramatisiert wie seine Vorläufer. Er stößt auf taube Ohren bei der Mehrheit seiner Landsleute. Und er wird, wie Jeremia, von den Mächtigen dafür aus dem Weg geräumt.

„Hoffnung“ kommt in den Evangelien nicht vor

Es ist schon bemerkenswert, dass in keinem der vier Evangelien der Begriff „Hoffnung“ auftaucht. Ich will damit nicht sagen, dass die Sache fehlt. Aber angesichts der inflationären kirchlichen Hoffnungsrhetorik könnte das durchaus ein Wink sein, diesen Anspruch an uns selbst einmal kritisch zu betrachten, immer und überall Hoffnung liefern zu können oder zu müssen. Vielleicht muss auch die alte Hoffnung sterben (oder wir müssen angesichts des Infernos „alle Hoffnung fahren lassen“), damit sie irgendwann neu geboren werden kann.

Vielleicht sollten wir das Wort Hoffnung mal ein, zwei, zehn Jahre nicht verwenden. Und wie Jesus anders von Gott und der Welt reden. Hoffnungsfähig werden wir wohl nur, wenn wir den Kollaps nicht verharmlosen, das Grauen nicht verdrängen, die Klage nicht dämpfen, die Schuld nicht beschönigen. Hoffnung findet vielleicht wieder einen Landeplatz, wenn wir Gott recht geben in seinem Urteil über unsere Zivilisation, deren Wohlstand und Zusammenhalt auf der Anbetung des Mammon, der Plünderung der Natur und der Ausbeutung der Armen beruht. Aber da sind wir noch nicht. Vielleicht ist dieses Gebet aus Daniel 9 ein Schritt in die richtige Richtung und eine Hilfe, uns der Wirklichkeit unseres gemeinschaftlichen Versagens zu stellen.

Ach Herr, du großer und Furcht einflößender Gott, der den Bund und die Gnade bewahrt denen, die ihn lieben und seine Gebote halten, wir haben gesündigt und sind schuldig geworden, wir haben gefrevelt und sind abgefallen, und von deinen Geboten und deinen Rechtssatzungen sind wir abgewichen. 
Und wir haben nicht auf deine Diener, die Propheten, gehört, die in deinem Namen geredet haben zu unseren Königen, unseren Fürsten und unseren Vorfahren und zum ganzen Volk des Landes. Du, Herr, bist im Recht, uns aber steht die Schande ins Gesicht geschrieben…  

Share

Auf Kollisionskurs zur Seenotrettung

Ein Nürnberger Kollege hat vor einiger Zeit mit einem Leserbrief an das Korrespondenzblatt des Pfarrervereins landesweit für Aufsehen gesorgt, weil er dort die (aus dem rechten Spektrum massiv angefeindete) Seenotrettung im Mittelmeer (bzw. das kirchliche Engagement für diese) in Frage gestellt hat. Nun macht die Nachricht die Runde, dass er seine Kirchengemeinde verlassen muss. Und auch die löst einiges an Betroffenheit aus. Viele hätten sich eine versöhnlichere Lösung gewünscht. Wobei ihm die allermeisten in der Sache widersprechen. Die Art, wie das Ganze eskaliert ist, hat freilich eine gewisse Tragik.

Diese Tragik hat wiederum mit der Sache zu tun. Die Argumentation des Kollegen beruft sich auf Luthers Lehre von den zwei Reichen/Regimenten. Aber können wir nach einem halben Jahrtausend noch so einfach auf Luther zurückgreifen, ohne das gleichzeitig zu problematisieren und (gut lutherisch) kritisch auf biblische Aussagen zu beziehen?

Photo by nikko macaspac on Unsplash

Ein Rezept für Tragödien

Die Zwei-Reiche-Lehre hat schon Luther zur tragischen Gestalt werden lassen, nämlich im Bauernkrieg. Schön nachlesen lässt sich das in der Luther-Biografie von Schilling. Luther setzt sich in seiner Panik beim Gedanken an Anarchie und Aufruhr nach und nach zwischen alle Stühle. Er hetzt gegen die Bauern, als diese sich radikalisieren. Die Reichsfürsten nehmen seine Äußerungen zum willkommenen Vorwand, den Aufstand mit äußerster Brutalität niederzuschlagen. Die evangelische Bewegung gerät in der Folgezeit immer mehr in die Abhängigkeit von Fürsten. Sie wird tendenziell obrigkeitshörig und gesellschaftlich reaktionär. Die Zwölf Artikel der Bauern aus dem Schicksalsjahr 1525 hingegen gelten heute als Vorläufer der allgemeinen Menschenrechte. Auch sie argumentieren biblisch-theologisch in ihrer Herrschaftskritik.

Luther löst die Spannung zwischen Römer 13 (der römische Staat und dessen Gewaltmonopol als Garant von Recht und Ordnung) und Offenbarung 13 (das römische Imperium als totalitäres, repressives Ungeheuer) auf, indem er letzteres vor allem auf das Papsttum bezieht. Wenn aber Römer 13 der primäre Bezugspunkt ist, zementiert das ein autoritäres Verständnis staatlicher Macht, die nur Gott gegenüber verantwortlich ist, aber nicht den Bürgern. Und das Mittel, mit dem die Obrigkeit Frieden und Ordnung herstellt, ist für Luther in erster Linie das Schwert, nicht das Gespräch und die Suche nach Konsens und Kompromiss. Das ist schon noch etwas anderes als das staatliche Gewaltmonopol, das wir heute kennen.

Wrong side of history?

Vielleicht ist es ja das Binäre an dieser lutherischen Zuordnung von Kirche und Welt, Staat oder Gesellschaft, das tragische Folgen nach sich zieht? Es ist unmittelbar anschlussfähig für andere Dualismen. Etwa den zwischen dem Privaten und dem Politischen (und Religion ist dann Privatsache), dem Spirituellen und dem Sozialen, dem Ewigen und dem Zeitlichen.

Dann entstehen solche Sätze wie: Kirche sollte sich nicht in die Politik einmischen, sondern Menschen auf ihre Beziehung zu Gott hin ansprechen (oder wie in diesen Tagen, dass der „Politische Islam“ böse ist und der gute Islam unpolitisch). Dabei fällt dann oft unter den Tisch, dass Nichteinmischung in manchen Situationen Unrecht und Leid überhaupt erst ermöglicht. Von Martin Luther King kennen wir den Satz: „Am Ende werden wir uns nicht an die Worte unserer Feinde erinnern, sondern an das Schweigen unserer Freunde.“

Das Feld erweitern

Nun gibt es ja – heute vermutlich mehr als zu Luthers Zeiten – das weite Feld des Politischen, das von der Politik im engeren Sinn (staatliche Strukturen, Regierungshandeln, die Organisation von Macht) zu unterscheiden ist: Zivilgesellschaft, NGOs, soziale Diskurse, Hannah Arendts „acting in concert“. Da sind die Kirchen (und nicht nur einzelne Christ*innen) auch in einem weltanschaulich neutralen Staat vielfältig beteiligt. Und genau hier sind ja auch die Aktivitäten zur Seenotrettung angesiedelt. Freilich mit der legitimen Perspektive, Druck auf den Staat zu erzeugen und die öffentliche Aufmerksamkeit auf das anhaltende Sterben im Mittelmeer zu lenken.

Ich sehe unter evangelischen Christen gerade niemanden, der die Notwendigkeit staatlicher Ordnungen bestreitet. Aber sollte man diese im 21. Jahrhundert als von Gott eingesetzt und beauftragt denken? Ist ein göttliches Mandat die Voraussetzung, um dann im nächsten Schritt auch von Verantwortung und Rechenschaft vor Gott sprechen zu können? Oder lässt sich auch ein menschlich-weltliches Mandat so verstehen, dass es in Verantwortung vor Gott wahrgenommen werden muss? Wäre das gar ein Schutz gegen die pseudomessianische Aura, mit der sich Autokraten wie Bolsonaro und Trump umgeben?

Anders ansetzen

Warum also nicht direkt zurück zur Bergpredigt, zu den jüdischen Propheten und dem einen Willen Gottes. Für den Buß- und Bettag diese Woche steht eine Gerichtsrede des Jesaja zur Auslegung an. Da geht es nicht nur um Wohltätigkeit, sondern auch um Menschenwürde und das bedrohte Recht. Oder, um es mit Johann Baptist Metz zu sagen: Um Leidempfindlichkeit und die Verantwortung, die sich daraus unmittelbar ergibt.

In Fragen der Seenotrettung lohnt sich indes ein Blick zu Bonhoeffer. Der folgerte schon 1933: „Die Kirche ist den Opfern jeder Gesellschaftsordnung in unbedingter Weise verpflichtet, auch wenn sie nicht der christlichen Gemeinde angehören.“ Das lässt sich auch im Blick auf das Grenzregime der EU und dessen Handlanger im Jahr 2020 sagen. Aus dieser Verpflichtung entlässt uns die Berufung auf die Zwei-Reiche-Lehre nicht.

Der Kollege Dreher bemüht in einer späteren Erklärung zu seinem Leserbrief übrigens noch einmal den Reformator. Diesmal, indem er sich auf dessen Kreuzestheologie beruft. Vertretern des „selbstglorifizierenden Idealismus“ (das dürfte in die Richtung zielen, aus der die Kritik an seinen Äußerungen kam) wirft er vor, einer „theologia gloriae“ anzuhängen. Das wirkt auf mich trotzig – und allenfalls insofern „lutherisch“, als sich auch Luther nach dem Blutbad an den Bauern theologisch im Recht sah.

Share

„Erbsünde Rassismus“ (Lorenzer Kommentar vom 19.07.2020)

Im Juli fand der Lorenzer Kommentargottesdienst zum Thema „Erbsünde Rassismus“ statt. Das Motto hatten wir vom „Publik Forum“ geborgt (an anderer Stelle war von Ursünde die Rede). „Black Lives Matter“ hat nach dem Mord an George Floyd auch in Deutschland viele Menschen auf die Straße gehen lassen. In der gut besuchten Lorenzkirche hielten dazu Prof. Friedrich Heckmann und Stadtrat Nasser Ahmed die wissenschaftlichen bzw. politischen Kommentare und mir blieb die Aufgabe, einen kurzen theologischen Kommentar einzubringen. Friedrich Heckmann zeigte, dass Rassismus ein ebenso modernes wie haltloses Konstrukt ist, das der Unterdrückung dient. Nasser Ahmed sprach mehrfach vom „Mut zur Wahrheit“, der uns vielfach noch fehlt. Meine Frage war im Anschluss daran war eher eine spirituelle: Kann das Ringen mit dem Reizwort „Erbsünde“ für die Auseinandersetzung mit manifestem, latenten und strukturellem Rassismus heute fruchtbar gemacht werden?

Am Ende fanden viele: Es hat sich alles wunderbar ergänzt. Die Texte liegen in St. Lorenz gedruckt aus. Hier könnt Ihr meinen Beitrag lesen:

Wasser und Werkseinstellungen

Zwei Fische schwimmen den Bach entlang. Ein dritter kommt ihnen entgegen und fragt im Vorbeischwimmen: „Hey, Jungs, wie ist das Wasser heute?“ Als er weg ist, schaut der eine den anderen an und fragt: „Was zum Teufel ist Wasser?“

David Foster Wallace hat mit dieser Parabel auf unsere geistigen und emotionalen „Werkseinstellungen“ hingewiesen: Annahmen, die uns völlig normal und selbstverständlich erscheinen und gerade deshalb einen bösen Streich spielen können.  

Erbsünde und die „menschliche Natur“

Hier könnte uns der Begriff „Erbsünde“ helfen. Vielleicht kennen Sie den auch in der eher problematischen Form: Durch die unheilige „Begierde“, die im Zeugungsakt wirkt, gehören alle Menschen von vornherein – „von Natur aus“ – zur „Masse der Verdammten“. Sie stehen unter dem Zorn Gottes und müssen durch das Sakrament der Taufe (die deswegen nie früh genug stattfinden kann) erlöst werden.

Sünde erscheint da als Unreinheit, Verdorbenheit, als Makel und Zwang. Heute bezeichnen wir Sünde, durchaus im Einklang mit den biblischen Texten, eher als menschliches Verhalten, das Beziehungen – zum Nächsten, zu Gott, zu mir selbst – belastet, und damit Leid verursacht oder vorhandenes Leid verstetigt.

Manchmal geschieht das offensichtlich, bewusst und vorsätzlich: Offener Hass, körperliche und seelische Gewalt, Lüge, Gier und Größenwahn. Expliziter Rassismus gehört dazu. Nichtweiße Menschen werden verächtlich und feindselig behandelt. Dazu kommen die unsäglichen Rechtfertigungen, damit der Rassist von sich sagen kann, er sei ein anständiger Mensch.

Photo by Koshu Kunii on Unsplash

Aber es gibt eben auch unbewusste, unbeabsichtigte, oft unerkannte und uneingestandene Sünde: Verstrickungen, durch die wir vom Elend anderer profitieren. Vorurteile, die Barrieren bilden zwischen einzelnen Personen und zwischen Gruppen von Menschen. Wir tun vielleicht nichts offensichtlich Böses, aber wir unterlassen es, das Gute und Not-wendige zu tun.

Jesus hat das Problem mit dem berühmten Wort vom Splitter und Balken angesprochen: Menschen messen nicht nur mit zweierlei Maß, indem sie fremde Schuld aufblasen und die eigene verharmlosen. Sie sind auch geniale Verdrängungskünstler, die sich selbst austricksen und täuschen. 

Für Jesus bedeutet das: Viele mühsame Konfrontationen mit all den Selbstgerechten, die sich für Gottes treueste Diener und besten Freunde halten. Deckt er ihre Täuschungen und Widersprüche auf, reagieren sie gekränkt und empört. Nicht nur die sprichwörtlichen Pharisäer – das Problem reicht bis in den innersten Kreis seiner Jünger. Auch diese Weigerung, die eigenen Abgründe in den Blick zu nehmen, bringt Jesus ans Kreuz.

„Erbsünde“ und Kultur

So also lässt sich „Erbsünde“ sinnvoll verstehen: Kulturell vermittelte und geprägte Denk- und Verhaltensmuster, die so tief sitzen, dass wir sie nicht erkennen. Gegen deren Aufdeckung wir uns mit aller Macht wehren, weil unser Selbstbild das nicht verkraften würde. Wir haben sie quasi „mit der Muttermilch aufgesogen“. Und wenn nichts geschieht, geben wir sie weiter an kommende Generationen. Das Leid, das so entsteht, nimmt kein Ende.

Selbsterkenntnis kann schmerzhaft sein, aber sie ist ein heilsames Geschenk. Christliche Mystiker haben die Worte des 139. Psalms immer wieder bewegt: 

„Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; 
prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine. 
Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin, 
und leite mich auf ewigem Wege.“ 

Das Konzept „Erbsünde“ heißt also für mich als Christ, dass ich darum bete und darauf achte, genug Distanz zu mir selbst zu haben, um auf problematische Ansichten und Affekte ansprechbar zu sein. Sich mit blinden Flecken auseinanderzusetzen, gehört zum Alltagsgeschäft des spirituellen Lebens. Leider sind nicht alle Christ*innen in dieser Grundkompetenz gleichermaßen versiert. 

Für mich als „Biodeutschen“ fällt Rassismus in diese Kategorie der „Werkseinstellungen“ – Unbewusstes, Unbeabsichtigtes und Uneingestandenes. Georg Seeßlen schrieb kürzlich: 

„Ich bin ein Rassist. Nicht, dass ich einer sein will, nicht, dass ich rassistische „Ideen“ hege, nicht, dass ich nicht träumte von einer Welt, in der ein Kind aus einem alten Buch aufblickt und seine Eltern fragt: „Rassismus? Was war das eigentlich?“ Nein, ich bin Rassist, weil ich in einer Gesellschaft lebe, in der immer noch struktureller Rassismus parallel zur sozialen Ungerechtigkeit verläuft, und in der jemand mit heller Hautfarbe, ob er oder sie es will oder nicht, Privilegien erfährt oder wenigstens Gefährdungen und Benachteiligungen vermeiden kann. Und ich lebe in einer rassistischen Kultur, oder doch zumindest in einer, die offen oder verborgen Bruchstücke ihres rassistischen Erbes mit sich schleppt, manche gar in Form kultureller Heiligtümer.“

„Zeit“ vom 30. Juni 2020

„Weißes Schweigen“ und die Angst, beschämt zu werden

Ich lese gerade das Buch „Me and White Supremacy“ von Layla F. Saad. Sie hat als schwarze Muslima, die in Großbritannien und den USA gelebt hat, eine Anleitung für Weiße geschrieben, die sich mit ihrem subkutanen Rassismus befassen möchten. Es ist ein bisschen beklemmend zu lesen, weil mein „Weißsein“ (nicht als Pigmentierung, sondern als Zugehörigkeit zu einer privilegierten Klasse) dort als Problem behandelt wird.

Diese Umkehrung ist ungewohnt, aber nicht analogielos. Unsere Ökonomen und viele Politiker haben zum Beispiel lange Armut als Problem behandelt und über Reichtum geschwiegen. Es gab Armutsberichte der Bundesregierung, aber Erhebungen über Reichtum sind erst in jüngster Zeit veröffentlicht worden, und sie offenbaren ein massives Problem. Die Seligpreisung der Armen und der Weheruf gegen die Reichen im Neuen Testament hat das vor 2000 Jahren schon vorweggenommen. 

Verhält sich das bei Rassismus ähnlich: Ist Weißsein ein ähnliches Problem wie Reichsein?Ich möchte nur einen Punkt aus Saads lesenswertem Buch herausgreifen. Als „Rassist, der keiner sein will“, graut mir wie vielen anderen davor, in eines der vielen rassistischen Fettnäpfchen zu treten. Das bedeutet Tadel, Empörung, Streit und Gesichtsverlust. Um dem zu entgehen, halte ich mich aus heiklen Diskussionen heraus („White Silence“), beschränke mich auf gefahrlose Symbolpolitik („Tokenism“). Oder ich raste aus und blocke alles ab („White Fragility“).

Wie oft habe ich den Satz gehört „Ich weiß ja gar nicht, was ich noch sagen darf, also sage ich lieber nichts“. Schon bin ich wieder bei der Frage, wie schwer es alte weiße Männer heutzutage doch haben. Und nicht mehr beim Leid der People of Color, die von Vorurteilen und Ignoranz betroffen sind. 

Notwendige Schwierigkeiten 

Saad hat Recht damit, dass wir in der Aufarbeitung und Überwindung des Rassismus unter uns unweigerlich solche verstörenden, peinlichen Erfahrungen machen werden. Und dass wir keine Fortschritte erzielen, wenn uns dieser Preis zu hoch ist.

Aber im Grunde ist dies dasselbe Risiko, das wir beim Besuch eines Gottesdienstes oder beim Aufschlagen der Bibel eingehen: Es könnte zu schmerzhafter Selbsterkenntnis führen. Freilich öffnet Selbsterkenntnis auch die Tür zu Vergebung und Versöhnung. Und wenn ich das einmal erlebt habe, kann ich angstfreier in den Spiegel schauen, der mir vorgehalten wird.

Wir können mit antirassistischem Engagement nicht warten, bis wir fehlerlos sind. Der schwarze Bürgerrechtler John Lewis, der am Freitagabend (17. Juli) starb, sagte einmal: 

„Never ever be afraid to make some noise and get in good trouble, necessary trouble.“ – Habt auf keinen Fall Angst, Krach zu schlagen und in gute, notwendige Schwierigkeiten zu geraten.

Share

Steinbecks Monster

Vor genau 80 Jahren erschien John Steinbecks „The Grapes of Wrath“ (Deutsch: „Früchte des Zorns“). Zur Zeit der Weltwirtschaftskrise verließen viele Familien aus dem mittleren Westen und Süden Nordamerikas ihre Farmen und zogen als Wanderarbeiter nach Kalifornien. Arte hat aktuell eine sehenswerte Dokumentation dazu in der Mediathek stehen.

Ich habe aus der Doku gelernt, dass die „Okies“ (viele stammten aus Oklahoma) nicht nur Opfer der Wirtschaftskrise, sondern auch veritable Klimaflüchtlinge waren: Dürre und Überbeanspruchung der Böden hatten dazu geführt, dass ganze Landstriche kahl waren. Der Wind trug die Reste des Ackerbodens in gewaltigen Staubstürmen bis an die Ostküste. Dust Bowl nannte man das Phänomen damals.

Die „Okies“ damals waren also zwei Gewalten ausgesetzt: Der Natur (Hitze und Sturm) und dem ungezügelten Kapitalismus, der Profite privatisiert und Kosten samt Nebenfolgen externalisiert. Letzteren bezeichnete Steinbeck im Englischen als Monster. Er beschreibt diese seltsame Daseinsform in ebenso einfachen wie zutreffenden Worten:

Manche Landbesitzer waren freundlich, weil sie das, was sie taten, ungern taten, und manche waren böse, weil es ihnen zuwider war, grausam zu sein, und manche waren kühl, weil sie schon vor langer Zeit herausgefunden hatten, dass man kein Landbesitzer sein kann, ohne kühl zu sein. Und sie allesamt waren in etwas befangen, das größer war als sie selbst. Manche von Ihnen hassten die Zahlen, von denen sie getrieben wurden, manche fürchteten sich, und manche beteten die Zahlen an, weil sie ihnen eine Zuflucht gaben vor Gedanken und Gefühlen. Wenn eine Bank oder Finanzgesellschaft das Land besaß, so sagten die Männer, die gekommen waren: Die Bank – oder die Gesellschaft – wünscht – braucht – befiehlt – muss haben – als sei die Bank oder die Gesellschaft ein Ungeheuer mit Gedanken und Gefühlen, das sie verführt hatte. Und jene, die das sagten, wollten keine
Verantwortung für die Banken oder die Gesellschaften auf sich nehmen, weil sie Menschen und Sklaven waren, während die Banken Maschinen waren und Herren zu gleicher Zeit.
(…) Und die Landbesitzer erklärten das Arbeiten und Denken des Ungeheuers, das stärker war als sie. Ein Mann kann das Land halten, wenn er nur essen und Steuern bezahlen kann. (…) Aber siehst du, die Bank oder eine Gesellschaft kann das nicht, weil diese Kreaturen ja keine Luft atmen und sich nicht von Fleisch nähren. Sie atmen Profite und sie nähren sich von Zinsen. Wenn sie das nicht bekommen, sterben sie, wie du stirbst ohne Luft und ohne Fleisch. Es ist eine traurige Sache, aber es ist einfach so. Es ist einfach so. (…) Ein Mann auf einem Traktor kann zwölf oder vierzehn Familien ersetzen. Zahl ihm seinen Lohn und er macht die ganze Ernte. Wir müssen das machen. Wir machen es nicht gern. Aber das Ungeheuer ist krank. Irgend etwas muss mit dem Ungeheuer geschehen.

Sicher, riefen die Pächter, aber es ist unser Land. Wir haben es ausgemessen und umgepflügt. Wir sind darauf geboren und wir sind darauf getötet worden, wir sind darauf gestorben. Wenn es auch nicht gut ist, ist es doch unser Land. (…)
Tut uns leid, wir sind‘s ja auch nicht. Es ist das Ungeheuer. Die Bank ist nicht wie ein Mensch.
Ja, aber die Bank ist ja auch nur von Menschen gemacht.
Nein, da hast du unrecht – völlig unrecht. Die Bank ist etwas ganz anderes als Menschen. Jeder Mensch in der Bank hasst das, was die Bank tut, und doch tut die Bank es. Die Bank ist mehr als Menschen sind, das sage ich dir. Sie ist ein Ungeheuer. Menschen haben sie gemacht, aber sie können sie nicht kontrollieren.

John Steinbeck, Früchte des Zorns (1939)
Photo by JR Korpa on Unsplash

Da sind sie wieder…

Heute heißen unsere Probleme unter anderem: Klimakrise, Land Grabbing, Mietwucher, Fremdenfeindlichkeit und die Konzentration von Kapital in den Händen kleine Cliquen von Superreichen. Der wichtigste Unterschied zu damals ist der, dass – Stichwort „Kapitalozän“ – multinationale Konzerne ganz massiv dazu beigetragen haben, den menschengemachten Klimawandel so weit zu verschärfen, dass er die Stabilität unserer Zivilisationen gefährdet und mit ihr den materiellen Wohlstand, den die Industrialisierung nach sich zog. Der Guardian berichtete vor drei Wochen, dass ein Drittel aller Treibhausgase von nur 20 Firmen verursacht wird.

Wir haben es mit ganz ähnlichen Kräften wie damals zu tun. Freilich agieren sie inzwischen global und im Verbund. Mit ihrer Unterstützung konnten Charaktere wie Putin, Trump und Bolsonaro an die Macht kommen und den Raubbau an unserem Planeten dramatisch verschärfen.

Apokalyptischer Aktivismus – geht sowas?

Steinbecks Buch sorgte mit seinen erschütternden Beschreibungen für großes Aufsehen. Er bekam den Pulitzer-Preis, aber er wurde auch massiv angefeindet. Zur Beschreibung tritt aber auch die Deutung: Der Titel und der oben zitierte Abschnitt greifen auf apokalyptische Texte der Bibel zurück. Das „Ungeheuer“ entspricht den Tiergestalten in den Visionen des Danielbuchs und der Johannesoffenbarung. Aus letzterer entlehnt Steinbeck auch den Titel. Der Zorn gilt der Ungerechtigkeit in der Welt, die nicht unbegrenzt zunehmen und fortbestehen darf, weil sie sonst alles zerstört. Die Dust Bowl der Dreißiger ist nur ein kleines Vorspiel dessen, was uns global bevorsteht, selbst wenn wir jetzt energisch handeln.

Roosevelts New Deal und die Sozialstaaten der Nachkriegsära haben Steinbecks Monster einige Jahrzehnte lang wirksam im Zaum gehalten. Dass wir es heute wieder mit ihnen zu tun haben, liegt bekanntlich daran, dass der Neoliberalismus seit den Achtzigern wieder Privatisierung, Deregulierung, Steuersenkung und Kürzung von Sozialleistungen erfolgreich propagiert hat.

Ob es uns Heutigen gelingt, national und global einen „Green New Deal“ zu erreichen, der das größte Chaos noch verhindert, ist eine offene Frage. Die geopolitischen Umbrüche, während derer die die biblische Apokalyptik entstand und die sie mit ihren alarmierenden Bildern beschreibt, sind ja vergleichsweise klein gegen die Risiken, mit denen wir es zu tun haben. Vielleicht erklärt das die verbreitete Passivität – die Monster wirken einfach zu groß.

Besser zornig als untätig

Zorn ist auf jeden Fall eine bessere Reaktion auf die Ungeheuer dieser Zeit, als vor deren Größe und Rücksichtslosigkeit zu kapitulieren oder sie als quasi-göttliche Heilsbringer zu feiern. Zorn schafft Distanz und mobilisiert Energien, wenn zwischenmenschliche Grenzen verletzt werden. Ohne Zorn hätte Steinbeck nicht so brillant geschrieben. Ohne Zorn hätte Greta Thunberg die Staats- und Regierungschefs beim Klimagipfel in New York nicht so vehement gefragt, wie sie es bloß wagen können, so untätig zu bleiben. Wann sie endlich die Verantwortung übernehmen für die Banken, Maschinen, Kommissionen, Prozesse und Produkte, die die Erde unbewohnbar zu machen drohen.

Beim Stichwort Zorn könnte man auch an den Hirten David aus der Bibel denken. Zufall oder nicht – auch die eben erschienene dritte Staffel der Amazon-Serie „Goliath“ spielt im kalifornischen Central Valley. Dort geht es um schwindendes Grundwasser, Gier und Verzweiflung, finstere Verstrickungen. Und ein paar Zornige, Trotzige und Verrückte wie Billy McBride, die einfach nicht aufhören, dem Monster Widerstand zu leisten und dabei Kopf und Kragen riskieren.

Ob da eine Botschaft an die Zuschauer drin steckt?

Share

Jesus und die Erstklässler

Der Unterrichtsentwurf für die erste Klasse sah vor, den Kindern drei Personen zu zeigen: Ein armes Kind, ein wohlhabendes Kind und eine berühmte Person. Dann sollten die Kinder die drei der Wichtigkeit nach ordnen wie auf einem Siegertreppchen. Das erste Kind legte noch die Berühmtheit auf die Eins. Fast alle weiteren Vorschläge aber zogen das arme Kind vor.

Ich hatte Mühe, beim Zuhören nicht dahinzuschmelzen, musste mich aber im Zaum halten. Denn die Lösung am Ende war so gedacht, dass alle – ob reich oder arm oder normal – gleich wichtig sind: Alle auf die Eins.

Dieser Vorschlag kam gar nicht gut an bei den Kindern. Sie beharrten darauf, dem armen Kind einen Bonus zu geben. Und ich frage mich, ob sie nicht goldrichtig damit liegen: Jesus sagt immerhin im Evangelium, dass die Letzten die ersten sein werden. Das ist etwas anderes als „alle werden die Ersten sein“ oder „es wird keine Letzten mehr geben“.

Im besten Fall wird es die Privilegierten dieser Weltzeit am Ende nicht stören, wenn all jene, die ein härteres Los hatten, einen Ausgleich bekommen. Ganz sicher sind auch sie Gott wichtig. Aber auf dem Weg zu einer gerechten Welt haben manche mehr zu verlieren und andere mehr zu gewinnen. Jesus und die Erstklässler erinnern uns: An der Option für die Armen kommen wir nicht vorbei.

Ich glaube, St. Martin wird ein Festtag für die Kleinen

Share

Das Zeitalter der Verstockung

Wenn man sich gegenwärtig in der Welt umsieht, kann man an das alte biblische Konzept der „Verstockung“ denken. Vielleicht muss man sogar. Verstockung, das heißt: Jemand erzwingt den eigenen Untergang. Es fehlt nicht an Warnungen, aber sie kommen nicht an. Die Möglichkeit eines Kurswechsels war da, aber sie wurde nicht genutzt.

Der Pharao aus der Exodustradition wird so beschrieben. Die Könige von Israel und Juda, deren Reiche den Assyern und Babyloniern in die Hände fallen. Paulus bezieht den Begriff dann auf sein eigenes jüdisches Volk, das den prophetischen Ruf Jesu zur Umkehr ignoriert.

Persönliche Tragödien

Im Blick auf einzelne Menschen kennen wir das Phänomen schon lange. Die einen richten ihre Gesundheit zu Grunde, andere zerstören ihre Familien, Freundschaften und Nachbarschaft, wieder andere die Karriere. Wider besseres Wissen, trotz aller Warnungen, blind für die Folgen des eigenen Tuns.

Manchmal erscheint uns das tragisch, wenn auch nicht im klassischen Sinn. Die Helden der antiken Tragödien scheitern ja daran, dass sie das Verhängnis, dem sie  unbedingt entgehen wollen, durch ihr vorbeugendes Tun erst heraufbeschwören. Die Verstockten sind im Vergleich dazu nur albern und dumm. Verstocktsein hat, anders als echte Tragik, nichts mit Größe und Edelmut zu tun. Sondern mit Hochmut, Kleingeisterei und fehlendem Augenmaß, die ein Ausmaß annehmen, dass der einzelne oder die Gruppe sich nicht mehr davon lösen kann.

Verstockung ist kein psychologischer, sondern ein theologischer Begriff. Gottes Anteil daran ist der, dass er irgendwann die Türe schließt, die einen Ausstieg möglich macht. Es bleibt es Rest, mit dem nach dem Untergang Neues möglich wird. Der Rest, das sind möglichweise all jene, die gegenwärtig noch trauern können. Diese Fähigkeit zu echter Trauer (im Unterschied zu primitivem Selbstmitleid) ist das letzte Zeichen der Hoffnung. Sie markiert den Ort in der Welt, wo Gott angesichts des Untergangs noch zu finden ist.

Aktuelle Beispiele

Aus den Nachrichten der letzten Wochen kommen mir zwei Beispiele in Erinnerung. Das eine ist der Rechtsruck der CSU und die Entfremdung der Parteiführung von den kirchlichen und sozial engagierten Wählern. Eine Weile lang dachte ich, das sei vielleicht eine Show, die auf taktischen Überlegungen beruht. Doch wenn man hört und liest, wie Horst Seehofer die Medienkritik der Rechtsradikalen übernimmt, und wie Kritik an dem immer radikaleren Kurs der Partei zur Hetze gegen sie umetikettiert wird, dann hat das schon diese wahnhaften Züge, die der Begriff der Verstockung in sich trägt. Die Psycho-Logik der AfD, die zwischen Weinerlichkeit und Gehässigkeit oszilliert, hat sich in den Gehirnen der Parteigranden anscheinend fest etabliert. Erst wollten sie nicht anders, jetzt können sie nicht mehr. Die bundesdeutsche Parteienlandschaft ändert sich in diesem Wochen gerade unwiderruflich.

Der Brexit ist die englische und der Waffenwahn in den Staaten ein Aspekt der amerikanischen Version dieses Phänomens. Es ist aber – und das ist neu – die Phase der multiplen Verstockungen angebrochen – mit globalen Auswirkungen.

Die viel größere Sorge sollte nicht der CSU, sondern dem Klima unseres Planeten gelten. Denn da spricht vieles dafür, dass entscheidende „Kippunkte“ schon überschritten sind. Das katastrophale Ausmaß der drohenden Zerstörung und ihrer Folgen für die Weltbevölkerung über viele Generationen hinweg lässt die Kriege der jüngeren Vergangenheit harmlos erscheinen. Seit Jahrzehnten ist die Gefahr bekannt. Sie wurde heruntergespielt und verdrängt, oder erstickt von der neoliberalen Dauerpropaganda gegen Regulierungen aller Art. Immer gab es wichtigere Dinge: Den Primat des Kapitals und dessen Hunger nach kurzfristiger, maximaler Rendite – den „Krieg gegen den Terror“ – die groteske Obsession mit Armuts- und Bürgerkriegsflüchtlingen.

Dikaseva

Düstere Aussichten

Das Sommerloch und die Hitzewelle werden vorbeigehen. Die Große Koalition in Berlin wird wieder zu ihrer Tagesordnung übergehen, auf der die Klimakrise (weil zu groß, zu komplex und trotz aller Sprünge in letzter Zeit zu langsam) ganz weit unten rangiert. Die Deutschen werden weiter massenhaft Billigflüge buchen, SUVs und andere Spritfresser fahren, ungesund viel Fleisch aus Massentierhaltung futtern und gegen den Netzausbau für grünen Strom demonstrieren. Ein paar Lippenbekenntnisse müssen reichen, damit sehen wir im Unterschied zu Donald Trump (wie Vladimir Putin abhängig von der Kohle- und Ölindustrie) ja schon ganz gut aus. Ein Teil von uns wird nicht aufhören, jedes Bemühen um Nachhaltigkeit als „linksgrüne“ Verschwörung gegen Volk und Kultur hinzustellen, die Sorge um die Opfer der Erdüberhitzung als Verrat am Vaterland zu verleumden und die erschütternden Berichte des Weltklimarates und der Forscher als Fake News.

Das millionenfache Sterben von Mensch und Tieren, von Landschaften und Lebensweisen hat begonnen. Anklagen und Polemik, so berechtigt sie sind, verschärfen die Verstockung eher, als dass sie sie aufbrechen könnten. Vielleicht sollten die Kirchen einen Sonntag im Monat der öffentlichen Trauer widmen. Das klingt nach viel, aber es steht ja auch viel auf dem Spiel – so gut wie alles. Wir sind im Augenblick zu wenige, um einen Kurswechsel herbeizuführen. Aber wir sind zu viele, um einfach nur zu schweigen. Und billigen Trost oder positives Denken, das keinen Anstoß erregt, haben wir nicht im Angebot.

Share

Präsenz: Christsein als Minderheit in einer zerstrittenen Welt

Immer mehr wird Christen hierzulande bewusst, dass wir nach Jahrhunderten der selbstverständlichen kulturellen Symbiose von Staat und Kirche inzwischen in einer Minderheitensituation leben oder direkt darauf zusteuern. Zugleich eskalieren die Konflikte in Bereichen, die uns bisher weitgehend stabil erschienen.

Die Epistel des vergangenen Sonntags aus dem ersten Petrusbrief hat mich (nicht zum ersten Mal) zum Staunen gebracht, wie so ein alter Text in der veränderten Situation des Jahres 2018 (Rechtsruck, Regierungskrise, Rohe Christen) neu zu sprechen anfängt, und wie ermutigend oder tröstlich es sein kann, ihm zuzuhören.

Gestern habe ich versucht, das einmal zu umreißen. Wer ca 25 Minuten Zeit hat, kann es hier nachhören:  Präsenz (1.Petr 3,8-15a)

Kleiner Tipp: Die Vorbemerkungen bis 2:35 könnt Ihr am besten überspringen.


Daniel von Appen

Share

Selbstverleugner, oder: Blumen von Blume?

Wir leben in wahrhaft denkwürdigen Zeiten: Letzte Woche warf der Generalsekretär einer nominell christlichen Partei etlichen Kirchenleuten vor, sie seien „Selbstverleugner“.

Das muss man erst mal in den Kopf kriegen! Denn wenn man in die Evangelien schaut (gehen wir mal davon aus, das auch Markus Blume das gelegentlich tut), dann ruft Jesus dort ganz ausdrücklich zur Selbstverleugnung auf. Selbstverleugnung ist geradezu der Sinn des Kreuzes:

Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir. (Matthäus 16,24)

Das Kreuz steht ausdrücklich nicht für Selbstdurchsetzung und Dominanz, sondern für den Verzicht darauf. Damit steht es für den Verzicht auf eine öffentliche Symbolhoheit, die andere Standpunkte allenfalls gönnerhaft duldet. Folglich verbietet sich die angestrebte Verstaatlichung dieses Symbols, das daran erinnert, wie Gott zum Opfer staatlicher Gewalt (und aus der Sicht des Kaiserkultes übrigens auch zum „Religionsfeind“) wurde.

Jemanden, der nun genau diese Instrumentalisierung des Kreuzes durch das Kabinett Söder und die Verkehrung in sein Gegenteil kritisiert, als „Selbstverleugner“ zu betiteln, ist entweder ironisch oder ignorant.

Wenn es ironisch gemeint wäre, wäre es ein Kompliment an alle, die richtig reagiert und widersprochen haben. Blume ist auf ihrer Seite, aber Söder soll es nicht merken. Also redet er doppeldeutig. Richtig schwarzer Humor also.

Ignorant wäre es, wenn die Entfremdung der Abendlandretter von den Wurzeln, die zu bewahren sie behaupten, schon so weit fortgeschritten wäre, dass der Widerspruch zu den Worten Jesu gar nicht mehr auffällt. Dass sie also gar nicht mehr verstehen: Jemand, der sich selbst verleugnet und zurücknimmt, damit andere Raum haben, verleugnet den barmherzigen Gott gerade nicht, sondern bekennt sich zu ihm.

Es könnte freilich auch beides sein: Ignorant und (unfreiwillig) ironisch.

So oder so: Mit seiner Kritik hat der CSU-General seinen Gegnern das schönste und sachlich zutreffendste Kompliment gemacht.

Danke für die Blumen, Herr Blume!

Share

Nach dem bösen Erwachen: Weisheit in Zeiten der Polarisierung

Manchmal setzen sich Gedanken aus ein paar Gesprächsfetzen zusammen. In diesem Fall Gespräche über den gesellschaftlichen Diskurs, der an vielen Stellen mit wachsender Erbitterung geführt wird.

Mitten hinein fiel der Hinweis auf die Geschichte vom weisen König Salomo, die ich noch aus der Kinderbibel kenne: Zwei Frauen teilen sich eine Unterkunft, beide haben ein neugeborenes Baby, eines morgens ist das eine Kind tot. Die Mutter, die es im Schlaf erdrückt hat, nimmt der anderen Mutter heimlich das lebende Kind und legt das tote in ihren Arm.

So liest sich das in der Klage, die daraufhin vor dem König landet und die mit dem Schwert – freilich unblutig – entschieden wird. Der gilt fortan an weiser Mann: Er droht, das lebende Kind zu zerteilen und jeder Mutter die Hälfte zu geben. Die Frau, die nachgibt, ist die wahre Mutter. Die Frau, die hart bleibt, ist die Betrügerin. Heute würden wir kein Schwert mehr nehmen, sondern eine Speichelprobe. Dem Fortschritt sei Dank.

Aber das würde die salomonische Pointe kaputt machen, um die es mir heute geht.

Die vordergründige Analogie zuerst: Wir haben leider keinen weisen König, der zwischen den gesellschaftlichen oder globalen Streitparteien schlichtet. Wir sind alle immer schon Partei. In vielen Konflikten setzen sich momentan die durch, die bereit sind, über Leichen zu gehen. Und es haben die das Nachsehen, die Kompromisse zu machen, um Menschenleben zu retten. Schmerzhafte Kompromisse, für die sie selbst einen hohen Preis zahlen und für die sie wenig Gegenliebe und Anerkennung ernten.

Dahinter liegt die Frage: Woher die Härte? Es bleibt ja offen, ob in der Geschichte vom weisen Salomo die Mutter des toten Kindes bewusst lügt, oder ob sie sich selbst betrügt und darüber jedes menschliche Maß verliert. Vielleicht spielt das aber auch keine entscheidende Rolle – weder für das Verständnis der Geschichte, noch für unsere Situation.

Da haben also zwei bisher zusammen gelebt. Eher ein Zweckbündnis als eine Frage tiefer Zuneigung, so ist es ja in unserer spätmodernen Welt auch. Dann kommen Kinder zur Welt, der kleine Haushalt wächst, aber die Gleichheit steht nicht in Frage.

Plötzlich geschieht das Unglück: Ein Kind ist tot. Ob tatsächlich im Schlaf erdrückt oder unverschuldet durch plötzlichen Kindstod – wir wissen es nicht. Menschen geben sich freilich sich oft auch dann die Schuld, wenn es gar keinen ursächlichen Zusammenhang gibt. Die Schuldfrage führt hier nur in Sackgassen. Doch was für eine Tragik, wenn eine Mutter das Leben, das sie gerade zur Welt gebracht hat, versehentlich zerstört. Und mit dem Kind sterben all die Erwartungen und Hoffnungen an die Zukunft.

Die Entscheidung nach dem bösen Erwachen fällt augenblicklich. Die Kinder werden vertauscht, das Faktum des Verlusts verleugnet, die Schuld umgekehrt, das Leid weggeschoben. Freilich erkennt die betrogene Mutter sofort, was geschehen ist. Aber weil wohl niemand sonst die Kinder gut genug kannte, hat sie kaum eine Chance, die „Fake News“ zu widerlegen, die ihre Kontrahentin schon aktiv verbreitet und hinter denen sie sich verschanzt.

Johann Walter Bantz

Die Frau, der die Zukunft durch einen bösen Zufall, durch eigene Erschöpfung und Unachtsamkeit oder beides zusammen genommen wurde, bemächtigt sich der Zukunft der anderen. Dabei verliert sie auch noch den letzten Menschen, der sie hätte trösten können, wenn sie die Trauer denn zugelassen hätte. Denn die Mitbewohnerin, die alles hat, was sie nicht hat, erscheint ihr in diesem Augenblick als Feindbild par excellence. Da spielt es keine Rolle, dass sie keinerlei Schuld trifft am Verlust der Zukunft. Die andere mit einem lebenden Kind zu sehen, ist schlicht unerträglich.

Nun kämpfen zwei trauernde Frauen um eine Zukunft. Und es gibt nur noch ein Entweder/Oder. Die eine, die eigentlich schon alles verloren hat, kann sich die Totalverweigerung leisten – schlimmer wird es nicht mehr. Vor allem steigen ihre Gewinnchancen, je kälter und unnachgiebiger sie agiert. Denn die andere Mutter wird ihr Kind lieber weggeben als sterben sehen, selbst wenn sie dann nicht nur das Kind verloren hat, sondern auch noch als Lügnerin dasteht.

Aber dahinter steht, gut versteckt, eine Stärke: Diese Mutter weiß, dass sie über diesen Verlust lange und schwer trauern wird. Sie weiß aber auch, wie sie der Trauer einen Sinn geben kann. Sie denkt an das Kind, das zur nicht mehr ihres ist, aber sein Leben ist ihr wichtiger als ihre Verfügung darüber. Die Härte fehlt: Bei allem Ringen um das Recht, sie kann keine „Alles-oder-nichts“- Strategie fahren. „Nihilismus“ nannte ein Freund das kürzlich.

Brexiteers, Tea-Partisanen, Deutschlandretter hadern mit dem Verlust einer Zukunft, die tot ist und die tot bleibt. Das hat durchaus etwas Tragisches an sich. Darüber ließe sich unter Umständen reden und auch trauern. Vielleicht kann, wenn das durchgestanden ist, auch eine neue, etwas andere Zukunft geboren werden. Sie sehen die Lösung aber vor allem darin, denen, die sie für irgendwie privilegiert halten, die Zukunft wegzunehmen: Den Minderheiten, die sich in den letzten Jahrzehnten mühsam gleiche Rechte erkämpft haben, oder den Migranten, die ihr Leben häufig riskieren, um überhaupt irgendeine Zukunft zu haben.

Komplett doppelbödig wird es dagegen bei der Kritik an den „Eliten“: Die Finanzelite lässt man ungeschoren und die intellektuellen Eliten werden zwar nach Kräften diskreditiert, aber die eigenen akademischen Titel bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit eifrigst zur Schau gestellt. Das Problem ist eben nicht, dass es Eliten gibt, sondern nur, dass man selbst nicht dazu gehört.

Inzwischen werden im konservativen Christentum quer über das konfessionelle Spektrum dieselben Reflexe wirksam. Wahlweise werden die Kinder der anderen für tot erklärt oder die anderen als (potenzielle oder tatsächliche) Mörder der eigenen Kinder angeklagt. Trauer und Klage bekommt man kaum zu hören. Dafür Kampfansagen, Abgesänge, ein bisschen Sarkasmus und viel Empörung.

Nun höre ich schon den Einwand, ich drehe die Geschichte hier so hin, dass ich in diesem Kulturkampf auf der Seite der Guten stehe. Das Dilemma ist ja tatsächlich, dass Dritte erst einmal verwirrt vor der Tatsache stehen, dass sich da in schönster Symmetrie zwei Frauen gegenseitig beschuldigen, ihr eigenes Kind erdrückt und sich des anderen Kindes bemächtigt zu haben.

Und genau deshalb erzähle ich diese Geschichte hier auch: Nicht, damit alle einfach meine Deutung übernehmen. Die könnte in der Tat eine Täuschung sein.

Sondern um genau hinzusehen:

Wo in diesem Ringen ist diese Kompromisslosigkeit am Werk?
Wo versucht jemand, es kalt lächelnd auf eine „Alles-oder-Nichts“-Entscheidung hinauslaufen zu lassen?
Wo ist echte Trauer und Sorge spürbar?
Wo nimmt das Denken und Argumentieren immer rigidere Züge an?

Diese Fragen führen auf die richtige Spur. Weisheit, das bedeutet: Wir sollten sie uns immer und immer wieder stellen.

Share

Das Exodus-Muster

Gibt es eine stimmige theologische Alternative zum heilgeschichtlichen Muster von Schöpfung, Fall und Sühne, das die westliche Theologie seit Augustinus dominiert und dafür gesorgt hat, dass Erlösung primär als Beseitigung individueller moralischer Schuld und notwendige Weichenstellung für die himmlische Seligkeit verstanden wurde?

Es gibt sie, und wir finden sie in der Bibel – wenn wir, statt im Buch Genesis anzufangen, mit dem Exodus beginnen. Der Auszug aus der Sklaverei in Ägypten ist das Urdatum der Geschichte Israels. Er führt zum Bundesschluss zwischen Gott und seinem Volk am Berg Sinai. Das mosaische Bundesrecht stellt dabei, wie Richard Horsley zeigt, eine Art sozialökonomische Charta dar. Es wird zum Ausgangspunkt einer Traditionslinie, die sich durch die gesamte hebräische Bibel zieht. Sie bildet einen Gegenpol zu den königlich-priesterlichen Traditionen (Palast und Tempel waren, auch in der Sicherung des eigenen Einflusses, stets eng verbunden).

Die Propheten klagen sie gegen die Könige ein, als in Israel und Juda eine Feudalisierung einsetzt. Sie stellen das Scheitern des Bundes fest und kündigen das Ende des Königtums an. Und als dieses dann gekommen ist, beginnen sie von einem neuen Exodus zu reden, der einer Auferweckung des Gottesvolkes gleichkommt.

Clem Onojeghuo

Und auf just diese Exodustraditionen bezieht sich Jesus exklusiv, wenn er die Schrift zitiert – gern auch gegen das herodianische Königshaus und die Priesteraristokratie in Jerusalem. Das Matthäusevangelium stellt Jesus als den neuen Mose dar, beginnend mit der Geburt unter einem kindermordenden Herrscher, der Flucht und Rückkehr, der Taufe (Schilfmeer!), dem neuen Gesetz, das auf einem Berg in Kraft gesetzt wird und das inhaltlich an die egalitäre Ordnung des mosaischen Bundes anknüpft, die unter der armen Landbevölkerung Galiläas noch hoch im Kurs stand. Es gipfelt in der Feier des Passafestes, in der Jesus seinen Tod mit einem neuen Exodus verbindet.

Frank Crüsemann hat die Spur des Exodus durch das neue Testament in einem feinen Beitrag („Gott und Menschen handeln – wie ist das Verhältnis?“) zu dem Band „Befreiung vom Mammon“ (hg. V. Ulrich Duchrow und Hans G. Ulrich, Die Reformation radikalisieren, Bd. 2) nachgezeichnet. Er entdeckt sie im Lukasevangelium, in den Reden der Apostelgeschichte, und auch in den Aussagen des Römerbriefs über die Befreiung von der Schreckensherrschaft der Sünde. Im Gegensatz dazu (zur Sünde und der Unfreiheit unter römischer Herrschaft) sind „die Beziehungen, die Gott eingeht … nicht von Macht bestimmt.“ Jede Reich-Gottes-Theologie, die sich selbst ernst nimmt, müsste eine dezidierte Exodus-Theologie sein.

Vergebung ist der Befreiung dann theologisch nach- und nicht vorgeordnet. Sie ist im Exodus eingeschlossen und sie ist notwendig, um ihn zu vollenden – Freiheit muss sich bewähren und sie bleibt vorläufig auch noch gefährdet.

Das Problem mit der herkömmlichen Vorstellung von Sünde als moralischem Versagen und individueller Schuld und einer primär jenseitsbezogenen Erlösung ist ja die Frage, wie man das dann wieder mit sozialen und politischen Verhältnissen – also dem öffentlichen Leben statt nur dem privaten – zusammenbringt. Denn wenn es in der Bibel vor allem um „Gott und die Seele“ geht, bleiben die Lebensverhältnisse außen vor oder sie dienen nur als austauschbare Kulisse für die Bewährung des Glaubens bis zur endgültigen Heimkehr zu Gott. Genau das passiert, wenn man – etwas überspitzt formuliert – aus dem „alten“ Testament nur die ersten drei Kapitel der Genesis, die zehn Gebote und ein paar messianische Verheißungen in den Kernbestand christlichen Denkens integriert.

Macht man hingegen das Exodus-Muster zur Grundstruktur von Theologie, dann ist damit die Frage nach dem inneren Zusammenhang der hebräischen und griechischen Bibel besser beantwortet, als wenn man diesen in der priesterlichen Sühnetheologie sucht – oder gleich aufgibt. Zugleich wird es möglich, einen kritischen Blick auf die biblischen Texte zu werfen, die andere Vorstellungen von Gott, Gerechtigkeit, Macht und Freiheit vermitteln. Und nicht zuletzt finden wir hier eine Sprache, um die Lebens- und Machtverhältnisse in Kirche und Gesellschaft zu thematisieren – und zu verändern: „Speaking Truth to Power“, nennt Walter Brueggemann das.

Share

Warum wir heute ständig Kulturkämpfe führen

Ich habe hier vor ein paar Tagen gefragt, ob es zu dem, was die identitäre Bewegung in der Politik darstellt, theologische Analogien gibt. Auf Facebook hat Arne Bachmann zurückgefragt, ob es nichtidentitäres Christentum geben kann. Ich denke schon, denn es geht ja nicht um die Frage, ob man eine Identität hat, sondern darum wie man diese versteht und lebt. Arnes Vorschlag war, im Christentum nicht eine Identität neben anderen zu sehen, sondern eine Art Meta-Identität (meine Worte), die alle anderen Identitäten und deren Konkurrenz relativiert.

Ein anderes Licht auf diese Frage wirft der Schluss des rund 100-seitigen ersten Kapitels aus „Die Gesellschaft der Singularitäten“ von Andreas Reckwitz. Reckwitz beschreibt darin sehr ausführlich, dass die Spätmoderne sich von der Produktion standardisierter, einheitlicher Massengüter abwendet, die Kennzeichen der industriellen Moderne war (bei Bauman liefe das unter „solid modernity“). Nun steht die Hervorbringung von „Singularitäten“ im Zentrum. Damit ist alles gemeint, was als etwas Besonderes erfahren wird (ein Produkt, ein Event, eine Gemeinschaft, ein Ort, ein Individuum), weil und indem es starke Affekte auslöst. Der spätmoderne Kulturkapitalismus dreht sich um solche Auf- und Abwertungen des Besonderen. Das Markenimage wird wichtiger als der reine Gebrauchswert eines Produkts, denn es dient auch der Singularisierung des Konsumenten, der es wie ein Kurator im Leben so anordnet, dass er sich dadurch als besonders ausweisen kann.

201801142027.jpg

Veronica Benavides

Drei Entwicklungen kommen hier zusammen und greifen ineinander: Die neue Mittelklasse verlegt seit etwa 1970 den Akzent weg von materiellen Lebensstandard („keeping up with the Joneses“) hin zur Lebensqualität. In der neuen Wissens- und Kulturökonomie ist Authentizität, die dem Bürgertum als stille Sehnsucht seit der Romantik anhaftet, der neue Leitwert der creative economy. Wenn zum Beispiel die Chefs von Apple auf ihren Keynote den Artikel nervtötend konsequent weglassen, während sie von iPhones und anderen Produkten reden, dann suggerieren sie damit, dass das nicht ein Exemplar einer Geräteklasse (Smartphone) unter anderen ist, sondern es trägt einen Eigennamen – das Produkt ist so einzigartig und unverwechselbar wie eine Person.

Und dann kommt auch noch die Digitalisierung zum kulturell-kreativen Komplex hinzu. Rationalisierung und Standardisierung treten in den Hintergrund und finden dort weitgehend unsichtbar statt, mit ihrer Hilfe werden im großen Stil Singularitäten erzeugt. Der Postmaterialismus geht über in „Singularitätsmärkte“, an denen es um Aufmerksamkeit, Sichtbarkeit und Anerkennung geht:

Die durchgreifende Singularisierung und Kulturalisierung aller Bestandteile des Lebens – Wohnen, Essen, Reisen, Körperkultur, Erziehung etc. –, die hier erfolgt, geht so Hand in Hand mit der Statusinvestition ins eigene Singularitätskapital und in die Darstellung des besonderen Lebens vor den Anderen. In gewisser Weise gilt hier die „Norm der Abweichung“ oder positiv gewendet: die Norm der performativen Authentizität, der sozialen Aufführung von Unverwechselbarkeit. (S. 108)

Ich denke, mit dem Begriff der Singularität lassen sich viele Fresh-X Projekte gut erfassen. Gegenüber den stark vereinheitlichenden Tendenzen großkirchlicher Strukturen, die das Individuelle, Lokale und damit auch Besondere gerade begrenzen (wenn nicht gar unterdrücken oder überlagern) setzt man hier auf das Unverwechselbare. Es findet eine Kulturalisierung von Kirche statt, die nicht mehr auf Kontinuität abstellt, sondern auf Authentizität:  „die Darstellung des besonderen Lebens vor den Anderen“. Mit viel Liebe wird hier alles designt, was designt werden kann.

Ganz am Ende kommt Reckwitz darauf zu sprechen, dass diese Entwicklungen in der Spätmoderne zu einer ganzen Reihe von Polarisierungen führen: Bei den Gütern (Massenware vs. Kultobjekte), den Arbeitsverhältnissen (einfache, monotone und prekäre Arbeit vs. hochqualifizierte Wissens- und Kulturökonomie), den Klassen und Lebensstilen (kosmopolitische, gebildete Mittelklasse vs. abgehängte Unterklasse), den sozialen Räumen (kreative Hotspots vs. Fly-over-country). Und nicht zuletzt in der Politik.

Und hier schließt sich jetzt der Kreis (für alle, die sich gewundert haben, wann den nun endlich noch etwas „Identitäres“ kommt). Reckwitz schreibt, dass sich gegen das neue, dominante politische Paradigma „eines apertistischen (öffnenden) und differenziellen (Unterschiede setzenden) Liberalismus, welcher auf eine Kombination von Wettbewerb und kultureller Vielfalt setzt“ von verschiedenen Seiten Widerstand erhebt; es gibt nämlich

…ein ganzes Bündel von antiliberalen (sub)politischen Kulturessenzialismen und -kommunitarismen (Ethnizität, Nationalität, religiöser Fundamentalismus, Rechtspopulismus) …, die gegen die Hyperkultur und ihre Märkte nun kollektive Identitäten mobilisieren. Diese Identitätsbewegungen bewegen sich freilich innerhalb [!!] der Logik der Gesellschaft der Singularitäten [Anm. von mir: bei Bauman ist ja auch Fundamentalismus die postmodernste Form von Religiosität]: Auch sie setzen auf Kultur und Singularität, verorten diese jedoch nicht auf mobilen Märkten, sondern innerhalb besonderer – religiöser, nationaler, ethnischer, völkischer – Kollektive. Das Ergebnis sind die für die Gesellschaft der Singularitäten überaus charakteristischen Konflikte um die Kultur. (S. 110)

Ich denke, ich kann nun auch klarer sagen, was mich an manchen (hippen wie miefigen) Frommen immer wieder an Typen wie Martin Sellner erinnert: Es ist dieser Gestus, mit dem sie dem Liberalismus, den sie ablehnen und verachten, den Untergang prophezeien. Vielleicht rührt die Verachtung auch daher, dass die eigene Identität im Rennen um Aufmerksamkeit und Anerkennung – Reckwitz nennt das Valorisierung – zusehends ins Hintertreffen geraten ist. Wenn er allerdings Recht hat, dann führen sie ihren Kulturkampf mit denselben Prämissen wie alle anderen. Weiterführende Lösungen als die energische Selbstdurchsetzung des eigenen Kollektivs (ein Mehr vom eigenen) haben sie, so weit ich das sehe, nicht anzubieten.

Eine kurze Einführung in Reckwitz‘ Gedankengänge gibts beim Deutschlandfunk (danke, Helge Seekamp!) und hier auf Zeit Online.

Share

Gott ist genervt: Unharmonische Weihnachtsgedanken.

Weihnachten herrscht in unseren Familien und Freundeskreisen manchmal, aber beileibe nicht immer ungetrübte Freude. Hin und wieder ist einer genervt. Das Essen misslingt oder entspricht nicht den Erwartungen, Gäste verspäten sich, mühsam ausgesuchte Geschenke treffen auf eher mäßige Begeisterung, der Gesprächsstoff geht aus, weil zu viele Themen mit Konflikten besetzt und die Harmlosigkeiten alle schon abgegrast sind. Irgendwann fällt ein falsches Wort, oder jemand bekommt etwas gut Gemeintes in den falschen Hals. Es folgt betretenes oder beleidigtes Schweigen, manchmal auch ein erhitzter Wortwechsel.

Einen solchen finden wir zu Weihnachten auch beim Propheten Jesaja. Mit dem feinen Unterschied, dass hier Gott der Genervte ist:

Und der HERR redete abermals zu Ahas und sprach: Fordere dir ein Zeichen vom HERRN, deinem Gott, es sei drunten in der Tiefe oder droben in der Höhe! Aber Ahas sprach: Ich will’s nicht fordern, damit ich den HERRN nicht versuche.

Da sprach Jesaja: Wohlan, so hört, ihr vom Hause David: Ist’s euch zu wenig, dass ihr Menschen müde macht? Müsst ihr auch meinen Gott müde machen? Darum wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel. (Jesaja 7,10-14)

Der Prophet Jesaja und Ahas, der König von Jerusalem, haben Stress: Die Sicherheitslage ist angespannt. Es droht Krieg mit den nördlichen Nachbarstaaten. Jesaja fordert Ahas auf, zu glauben, und das heißt, sich angesichts sehr realer Gefahr auf Gottes Treue zu verlassen. Ahas indes glaubt nicht, dass Gott ihn und sein Volk retten wird. Jesaja bietet dem König im Namen Gottes an, sich – quasi als vertrauensbildende Maßnahme – ein Zeichen auszusuchen, der aber lehnt – freilich nur scheinbar demütig – ab. In Wahrheit ist das ein Affront: Er will sich die Möglichkeit offen halten, die mächtigen Assyrer um Hilfe zu bitten – eine brutale Supermacht, viel schlimmer als die jetzigen Feinde.

Gott ist genervt davon, wie dieser König hier herumlaviert. Wenn sich Ahas eine andere Schutzmacht sucht als Gott, steht damit auch die besondere Beziehung Gottes mit dem Königshaus aus Davids Linie in Frage. Und damit die Zukunft des Volkes Gottes. Also kündigt der Prophet von sich aus ein Zeichen an, ungebeten: Ein Kind wird in Kürze zur Welt kommen, das seine junge Mutter „Immanuel“ nennt: „Gott mit uns“. Bevor der Kleine gut und böse unterscheiden kann, sagt Jesaja gleich anschließend, werden die Reiche der Aggressoren verwüstet sein. Leider auch der größte Teil von Ahas’ eigenem Königreich, weil Ahas – das zeichnet sich schon ab – auch diese erneute Einladung zum Vertrauen ausschlägt.

Die gute Nachricht in der schlechten Nachricht lautet: Es ist kein totaler Untergang, der jetzt droht. Aber es bleibt unklar, ob der Name „Immanuel“ ein dankbares Bekenntnis, oder ein trotziges ist, oder vielleicht auch nur ein verzweifeltes Flehen.

201712231406.jpg

Ilya Yakover

* * *

Ein Mann im Belagerungszustand. Das können wir verstehen: Auch für uns Heutige scheint die Frage eher die zu sein, welches der vielen Unheile, die derzeit drohen, uns zuerst erreicht:

  • Die Atomraketen aus Nordkorea und Donald Trumps Vergeltung?
  • Die Folgen der Kriege in der Ukraine und Syrien?
  • Die nächste große Wirtschaftskrise, gegen die sich nur wenige Superreiche versichern können?
  • Das labile Klima unseres Planeten – Stürme, Dürren, Überflutung?
  • Der massive Rechtsruck in Polen, Ungarn, Österreich und Sachsen mit seinem aggressiven Argwohn gegen alles Fremde und jeden, der aus der völkischen Reihe tanzt?

Aus Angst vor vermeintlichen Gefahren wenden sich auch heute viele an Helfer, die noch größeren Schaden anrichten. Irrsinnigerweise sind (in Ungarn, Polen oder den USA) auch viele fromme Christen darunter. Sie gewinnen kurzfristig an Sicherheit und opfern langfristig ihre Freiheit, wenn sie knallharte Machtpolitiker wählen, die Meinungs- und Pressefreiheit abschaffen oder ständig den Finger ab Abzug haben.

Kein Zweifel: Auch davon ist Gott genervt. Er hat es satt. Was wird er dagegen unternehmen?

* * *

Er unternimmt Folgendes:

Fast 800 Jahre nach Jesaja legt der Evangelist Matthäus den Satz von der Jungfrau und dem Immanuel einem Engel in den Mund, der Josef im Traum erscheint und ihn auffordert, die schwangere Maria nicht zu verlassen.

Wieder macht Gott seinem Volk in schweren Zeiten ein Angebot. Wieder durch die Geburt eines Kindes.

Nur hat Herodes das, was Ahas noch überlegte, längst hinter sich: Er ist bereits mit einer brutalen und gierigen Supermacht verbündet. Die Römer garantieren, dass seine Sippe an der Macht bleibt. Er ist König von Augustus Gnaden, so wie Assad in Syrien heute nicht ohne Putins Hilfe regieren könnte. Herodes ist paranoid, prunksüchtig, gewalttätig und heimtückisch, wie der Kindermord von Bethlehem beweist. Sogar ein paar seiner eigenen Söhnen ließ er umbringen, damit sie ihn nicht vom Thron verdrängen. Der neugeborene Immanuel – Jesus – muss mit seinen Eltern vor Herodes nach Ägypten fliehen. In jenes Land, dessen König zu Moses Zeiten kleine israelitische Jungs ermorden ließ. Aus Gründen der staatlichen Sicherheit, wie es dann immer heißt.

Gott ist genervt vom Verhalten der Mächtigen. Für Herodes ist die Geburt des Immanuel der Anfang vom Ende, ein Zeichen seines Untergangs. Die mörderische Intrige gegen das Jesuskind schlägt fehl. Er stirbt nach qualvoller Krankheit, seine Dynastie tritt ab. Statt seiner Söhne regiert jetzt ein römischer Statthalter in Jerusalem. Die Stimmung im Land ist so polarisiert, dass noch zwei Generationen später heftige Unruhen ausbrechen. Die Stadt und der Tempel werden dabei zerstört. Nur ein Rest überlebt und zerstreut sich über die ganze Welt – Jesaja reloaded.

* * *

Jesus, der neue Immanuel, wächst inmitten dieser Ereignisse auf. Die Evangelisten sehen in ihm das Gegenbild zu einer Politik der Angst, der Korruption und Ausbeutung, des Vertrauens auf Rüstungstechnik, Waffengewalt und Geheimpolizei. Er wird gut und böse provokant anders unterscheiden als die meisten seiner Zeitgenossen. Er wird zur Gewaltlosigkeit aufrufen, zum friedlichen Aufstand gegen Macht und Mammon, zum radikalen Vertrauen auf Gottes Fürsorge, sein Mit-Sein mitten in den Turbulenzen des Lebens. Wie Jesaja ruft er Menschen auf, in einer alternativen Welt zu leben, die von Gott und seiner Treue bestimmt wird, und sich keine Angst einjagen zu lassen.

Der Immanuel zeigt: Gott hat sich durch die Hintertüre in die Welt geschlichen. Er ist mit den Armen, mit den Friedfertigen, mit den Leidenden, er ist einer von ihnen und teilt ihr Leben. Er erleidet wie sie den Hass, der ihm von den Unterdrückern entgegenschlägt, und ebenso die Wut des Mobs, der Sündenböcke sucht und Blut sehen will.

Mob und Macht versuchen diese Störung aus der Welt zu schaffen, aber am dritten Tag ist sie wieder da und breitet sich aus wie ein Gerücht, von Mund zu Mund und Herz zu Herz. Ein Gerücht von der Treue Gottes denen gegenüber, die ihm vertrauen. Selbst im Angesicht von Krisen, Krieg, Katastrophen und Tod.

* * *

Gott ist genervt von allem, was Menschen zerstört, ihre Würde mit Füßen tritt, Zusammenhalt und Vertrauen zersetzt, Gewinn über Gemeinwohl stellt. Er hat sich endgültig auf die Seite all derer geschlagen, die unter Unrecht leiden und nach Gerechtigkeit hungern und dürsten. Nun fordert er uns heraus, uns zu ihm zu stellen. Und unsererseits darauf zu vertrauen, dass Gottes Macht größer ist als all die Drohungen, denen wir uns ausgesetzt sehen.

Weihnachten – das ist aus der Jesaja-Perspektive die Frage, welcher Schutzmacht wir uns anvertrauen, einzeln und gemeinsam. Und was dabei aus uns wird. Vielleicht haben sogar einige der Dinge, die uns an Weihnachten genervt haben, mit solchen Schutzmächten und unserer Abhängigkeit von ihnen zu tun:

  • Dem wehrhaften Nationalstaat mit Polizei, Armee (und, wenn nötig, Bürgerwehren)? Der stellt Ordnung über Leben, Überwachung über Vertrauen und Gleichschritt über Freiheit.
  • Der Supermacht des freien Marktes, des Geldes und des cleveren Kalküls? Sie bringt wenige Gewinner und viele Verlierer hervor. Sie stürzt mich in die Tretmühle der Selbstoptimierung – und wenn alles ausgereizt ist, werde ich ausgemustert.
  • Starken und aggressiven Anführern, die laut, rücksichtslos und breitbeinig daherkommen und von sich behaupten, für „das Volk“ zu sprechen? Sie leben von Opfer-Typen und Opportunisten, beuten Angst, Neid und Hass aus. Sie spalten und säen Misstrauen. Andere machen sie innerlich kleiner, um selbst größer zu wirken.
  • Der Hoffnung auf Ruhm, Bewunderung und Anerkennung auf den analogen und digitalen Bühnen dieser Welt? Statt ich selber zu sein (und zu entdecken, was das eigentlich bedeuten würde), werde ich immer überlegen, was gerade gefragt ist und gut ankommt. Was Beifall (die „Likes“) oder Aufsehen erregt (die beliebten „Tabubrüche“). Was eben gerade als Projektionsfläche vorhandener Stimmungen taugt.

Ständig werden wir bewertet und beurteilt. Das strengt an und macht müde. Kein Wunder, dass wir genervt sind. Weihnachten ist eine Gelegenheit, dem auf die Spur zu kommen, was uns das Leben wirklich verleidet.

Und dann die Alternative zu betrachten: Ich vertraue dem Einen, der als Kind kam und es nicht als Zumutung empfand, klein zu sein. Der auch als Erwachsener Vertrauen schenkte und sich verletzlich machte. Der nicht das eigene Überleben und Wohlergehen im Sinn hatte. Der Menschen nicht taxierte und sich überlegte, welchen Nutzen sie für ihn wohl haben. Der Leute zusammenbringt, die sich von selbst nie zusammenfinden würden. Dem Immanuel.

Es ist riskant, Gott zu vertrauen. Es ist schwer, sich von ihm allein beschenken und beschützen zu lassen. Aber es ist auch der Weg zu einem erfüllten Leben – und zum Frieden mit mir selbst, meinen Mitmenschen und Gott.

Sein Segen und Wohlgefallen sei mit uns allen.

Share

Nicht ganz dicht?

Kürzlich unterhielt ich mich mit einem CSU-Stammwähler. Er hatte bei der Bundestagswahl grün gewählt, weil er Merkel unterstützen wollte – aber Seehofer ablehnt, der Staatsanwälte gegen Pfarrer einsetzt, die Kirchenasyl gewähren, der Obergrenzen für Humanität fordert, den Nationalisten und Autokraten Viktor Orbán hofiert oder die Lügen der heimischen Autoindustrie viel zu lange schöngeredet und belohnt hat.

tim-gouw-209217.jpg

Tim Gouw

Nun hat die CSU ein historisch schlechtes Wahlergebnis eingefahren und Seehofer will „die rechte Flanke“ dicht machen. Sein Kollege Tillich aus Sachsen tutet ins gleiche Horn. Auch der hatte sich nach rechts nur äußerst ungern und selten abgegrenzt, immer viel „Verständnis“ für den Rassismus, die Islamophobie, die Europafeindlichkeit, den passiv-aggressiven Autoritarismus, der der AfD so viele Stimmen beschert hat, und einen ähnlichen Hang zum Exzeptionalismus.

Dieses Verständnis hat die Rechten jedoch erst richtig stark gemacht. Ein kurzer Blick nach Österreich hätte genügt, um zu verstehen, dass das nicht funktioniert. Im Zweifelsfall wählen die kulturell Abgehängten (oder „der Ostmann“) eben das giftige Original, nicht die Kopie, die letztlich doch wieder mit der Hassfigur Angela Merkel kooperiert. Nach dem Austritt aus der AfD denken Petry und Pretzell nun auch noch laut über eine Art „bundesweite CSU“ nach. Dann bliebe rechts noch weniger Platz zum Rutschen.

Einigen Funktionären dämmert schon, dass die rechte Flanke nicht mehr „dicht“ zu kriegen ist, wenn man die Mitte nicht verlieren will. Etwa, indem man die Entfremdung zwischen Partei und katholischer Kirche weiter verschärft, die – anders als in Polen und Ungarn – keinen nationalkonservativen Kurs stützt. So oder so dürfte die Ära der absoluten CSU-Mehrheiten mit dem Einzug der neuen Rechten in die Parlamente dem Ende entgegen gehen.

Es ist also einiges in Bewegung. Das könnte für Bayern durchaus eine gute Nachricht sein. Allen Klartextverliebten in der CSU, die so gern „Kante zeigen“, sollte inzwischen klar sein: Es kann nicht darum gehen, noch weiter nach rechts zu rutschen. Stattdessen gilt: Abstand wahren, und das bitte konsequent, und bitte gleich.

Share

Die richtige Wahl treffen

Vielleicht ist Kapstadt gar kein so schlechter Ort, um diesen Post zu schreiben: Hier treffen bitterste (und weiter wachsende!) Armut und maßloser Reichtum unvermittelt aufeinander. Im Hafen schwimmen die Jachten der Milliardäre (s.u.), im Einkaufszentrum kann der globale Tourist bei H&M shoppen und bei Starbucks Pause machen, in den Restaurants Burger und Pasta futtern, fast immer mit reichlich Fleisch. Draußen auf den Straßen sehen wir derweil die Obdachlosen und Bettler, die eine Plane zwischen den Leitplanken spannen und drunter hausen.

IMG_4862 (1).jpg

Was hat das mit der Wahl bei uns zu tun? Eine ganz Menge: Was man hier auf engem Raum sieht, ist bei uns besser verschleiert. Ulrich Brand und Markus Wissen nennen das die Imperiale Lebensweise. Ihre Wurzeln reichen zurück in die Kolonialzeit, ihr Prinzip ist, möglichst viele Güter in den Zentren des globalen Kapitalismus umzusetzen und die Kosten dafür auf die Peripherie abzuwälzen: Die ökologischen Kosten, die gesundheitlichen Kosten, die sozialen Kosten und die multiplen Krisen, die daraus folgen. Auch die Krise der Demokratie im Westen.

Wenn man auf die Parteien schaut, die zur Wahl stehen und realistische Aussichten haben, in den Bundestag zu kommen, dann ist meiner Meinung nach die beste Frage, wo aktiv an der Überwindung des Imperialen Lebensweise gearbeitet wird. Brand und Wissen schreiben in ihrem Buch dazu einiges. Theologisch würde ich sagen: Wo im Neuen Testament im kritischen Sinne von „Welt“ die Rede ist, dann entspricht das heute am ehesten dieser Imperialen Lebensweise.

CDU/CSU machen keine Anstalten, die Imperiale Lebensweise zu kritisieren oder gar zu verändern. Bestenfalls reden sie davon, die hässlichsten Symptome zu mildern. Angela Merkel ist angetreten mit dem impliziten Versprechen, unseren Wohlstand zu sichern. Über den Preis, den andere dafür bezahlen, verliert sie keine Worte.

Die FDP vertritt dieselbe Position und betrachtet den glücklichen Zufall, in die deutsche Mittel- und Oberschicht mit deren Lebens- und Bildungsstandard hineingeboren worden zu sein, als eine Form von Leistung. Die AfD sieht das genauso, nur dass sie es auch noch rassistisch und chauvinistisch legitimiert.

Die Sozialdemokratie hat es sich zum Ziel gesetzt, der Arbeiterschicht einen Anteil am Konsummodell der Imperialen Lebensweise zu sichern und das ist innerhalb gewisser Grenzen gelungen. Aber Fundamentalkritik an den Mechanismen, die zu den globalen Krisen (Klima, Migration, Ausbeutung von Menschen und Ressourcen) führen, hat man von Martin Schulz nicht gehört.

Die Grünen verkörpern den ganzen Zwiespalt: Hier ist ein Bewusstsein vorhanden, dass sich etwas ändern muss an der Lebensweise, die uns in Fleisch und Blut übergegangen ist. Und die Erkenntnis, dass man sich keine Freunde macht und von der FDP (Liberal heißt bei Christian Lindner: Ich lasse mich von der Armut anderer nicht einschränken) als „Verbotspartei“ beschimpft wird. Und Flüchtlingsfreunde sind auch nicht mehr populär und mehrheitsfähig. Man beschränkt sich in einigen Teilen der Partei auf eine sanft begrünte Bürgerlichkeit, quasi regenbogenfarbene Windräder. Mit Veggie-Day Kampagnen und Kritik an der Autoindustrie hält man sich – ob aus Taktik oder aus Überzeugung – lieber zurück.

Die Linke zeigt den größten Mut zur Systemkritik. Inwiefern alle Aspekte der Imperialen Lebensweise darin schon enthalten sind, scheint mir noch eine offene Frage zu sein. Wahrscheinlich werden die Linken aber auch deshalb von den Etablierten als „extremistisch“ bezeichnet.

In meinem Freundes- und Bekanntenkreis habe ich in den letzten Tagen und Wochen so viele Stimmen wie noch nie gehört, die nicht auf die nächste schlimme Krise warten wollen, um für einen grundlegenden Wandel zu stimmen.

Falls ihr also noch Zeit habt, bevor Ihr morgen wählen geht, lest hier oder schaut Euch das Video unten an, lasst es alles wirken, und trefft eine gute Entscheidung.

Share

Rechtspopulismus als »rebellierende Selbstunterwerfung«

Auf Empfehlung von Walter Faerber lese ich gerade „Imperiale Lebensweise. Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus“ von Ulrich Brand und Markus Wissen. Die beiden Autoren zeichnen ein detail- und kenntnisreiches Bild dessen, was sie Imperiale Lebensweise nennen. Sie beruht darauf, dass in den Zentren unserer kapitalistisch-neokolonialistischen Welt möglichst ungehindert konsumiert wird, während die Kosten (Umweltschäden, soziale Folgen) weitgehend ausgelagert und unsichtbar gemacht werden. Allein dazu gäbe es schon eine Menge zu sagen.

Die imperiale Lebensweise funktioniert als Hegemonie. Sie schreibt sich in alltägliche Prozesse und Gewohnheiten ein und lässt sie als „normal“ erscheinen: „Sie ist den einzelnen nicht länger äußerlich, sondern bedient sich ebenjener Mechanismen, mit denen sie auf sich selbst einwirken, entfaltet also ihre Wirkung gerade dadurch, dass sie nicht als Herrschaft empfunden wird.“ (S. 58).

Mit anderen Worten: Sie ist uns in Fleisch und Blut übergegangen. Buchstäblich.

Inzwischen ist ein Stadium erreicht, wo diese Lebensweise multiple Krisen erzeugt hat, die sich nicht isoliert voneinander lösen lassen.  Das liegt daran, dass in einer globalisierten Welt das „Außen“, in das die Kosten verlagert werden können, immer schwerer zu finden ist.

Also bleibt nur die Abschottung. Sie ist das Leitmotiv der gegenwärtigen Flüchtlings- und Wirtschaftspolitik von Angela Merkel. Und sie macht die Rechten stark, wie Brand und Wissen betonen, führt also bei uns immer mehr zu einer Krise der liberalen Demokratie:

Damit bringen die diese Politik exekutierenden Kräfte, die sich in der Regel als »bürgerliche Mitte« etikettieren, genau das hervor, was sie als ihren Widerpart begreifen: autoritäre, rassistische und nationalistische Bestrebungen. Dass diese derzeit überall erstarken, liebt auch daran, dass sie sich in der Krise als die eigentlichen, weil konsequenteren Garanten jener Exklusivität inszenieren können, die im Normalbetrieb der imperialen Lebensweise immer schon angelegt ist. (S. 15)

Hier liegt die Attraktivität der neuen Rechten von Trump über Farage bis Gaulandt. In dem Moment, wo die hässliche Seite der imperialen Lebensweise nicht mehr vertuscht und geschönt werden kann, werfen sie alle sprachlichen und moralischen Skrupel über Bord und erklären offen den Verteidigungsfall.

Andre Hunter

… im Unterschied zu ihren »bürgerlichen« Konkurrenten sind sie in der Lage, ihrer Wählerschaft ein Angebot zu machen, das diese auf eine subalterne Position festlegt, und sie gleichzeitig aus ihrer postdemokratischen Passivierung befreit. […] Den Akteuren wird es dabei ermöglicht, »sich als Handelnde in Verhältnissen zu konstituieren, denen sie ausgeliefert sind.«

Das erklärt, warum rechte „Kapitalismuskritik“ ausschließlich da einsetzt, wo unerwünschte Folgen der imperialen Lebensweise im Inneren anfallen und  spürbar werden: Wenn der unrentable Kohlebergbau eingestellt wird, wenn der Staat Geld für Geflüchtete ausgibt, wenn das imperial normierte, androzentrische Verständnis der Geschlechterrollen in Frage gestellt wird.

Die Kritik an den Eliten ist lediglich die, dass sie die Interessen „des Volkes“ nicht rücksichtslos genug durchsetzen im globalen Wettlauf um Ressourcen und Wohlstand. Konsequent ausgeblendet wird dabei alles, was sich auf das „draußen“ bezieht: Klimawandel, Fragen der Gerechtigkeit, Krieg, Flucht und Vertreibung in anderen Teilen der Welt.

Die Rechten sind alles andere als eine Alternative. Sie sind die Hohenpriester der Alternativlosigkeit. Aber wer die imperiale Lebensweise (ob ausgesprochen oder nicht) für alternativlos hält, der macht die Rechten stark.

Share