Aktive Hoffnung (3): Es beginnt mit Dankbarkeit

Wer meint, man könne Menschen durch Kosten-Nutzen-Rechnungen dazu bringen, ihre Gewohnheiten zu ändern und Rücksicht auf Mitmenschen und Mitgeschöpfe zu nehmen, der irrt vermutlich ebenso wie jemand, der stets mit allerlei Schreckensmeldungen aufrütteln will (oder wie jemand, der mit drastischen Botschaften über die Hölle müde Gemeinden für Mission mobilisieren möchte…?). Der Weg über die Dankbarkeit ist deutlich vielversprechender.

Dankbarkeit ist ein soziales Gefühl, sagen Macy und Johnstone. Sie macht uns anderen zugetan und wohlwollend. Je ausgeprägter jemand Dankbarkeit empfindet, desto eher wird er eine Gefälligkeit erwidern oder einem Fremden zu Hilfe kommen. Anders als der auf Gegenstände fixierte Materialismus führt Dankbarkeit als Beziehungsphänomen dazu, dass Menschen glücklicher und zufriedener sind. Während die Werbung ständig uns Unzufriedenheit einreden will, uns auf das fixiert, was wir (noch) nicht besitzen, um den Konsum in Schwung zu halten (mit all den fatalen Folgen für den Planeten), freut sich die Dankbarkeit an dem, was schon ist.

Dankbarkeit fällt uns nicht immer leicht, aber sie lässt sich einüben, auch wenn in manchen Lebenssituationen nicht alles nach Wunsch läuft. Dann ist sie umso wichtiger, denn Unrecht und Gewalt zerstören das Vertrauen und den Glauben an das Gute. Schön und für Christen völlig kompatibel (Hildegard von Bingen hätte ihre Freude daran gehabt) haben das die Haudenosaunee in ihrem Aufruf zum Umdenken ausgedrückt:

Uns ist gesagt, dass die ersten Menschen, die über die Erde gingen, mit allem ausgestattet waren, was sie zum Leben brauchten. Wir sind angewiesen worden, Liebe für einander zu hegen und allen Wesen auf dieser Erde große Achtung entgegenzubringen. Und wurde gezeigt, dass unser Leben mit dem Leben der Bäume zusammenhängt, dass unser Wohlergehen vom Wohlergehen der Vegetation abhängt, dass wir mit den Vierbeinern eng verwandt sind. In unseren Wegen ist das spirituelle Bewusstsein die höchste Form der Politik…

Wenn Menschen aufhören, all diesen Dingen mit Achtung und Dankbarkeit zu begegnen, dann wird alles Leben vernichtet und das menschliche Leben auf diesem Planeten wird zu Ende gehen.

Das Wort „Dankbarkeit“ bei den Indianerstämmen der Haudenosaunee hießt wörtlich übersetzt: „die Worte, die vor allen anderen kommen“. Sie bilden den Auftakt zu jeder ihrer Versammlungen. Darin steckt eine tiefe Weisheit: Dank stärkt das Bewusstsein des Eingebundenseins in ein großzügiges Geflecht des Teilens, das unser Leben trägt und ermöglicht. In der Welt des „Business as Usual“ hingegen befindet sich fast alles im Privatbesitz, und für alles, was uns nicht gehört, empfinden wir auch keine Verantwortung, weil wir für Zugehörigkeit nur diese Kategorien aus der Welt der Objekte haben.

Verstehen wir aber unsere Zugehörigkeit in diesem lebendigen globalen Ökosystem (für Theologen: dass wir durch die Zugehörigkeit zu Gott mit allem verbunden sind, was lebt und was Gott geschaffen hat und liebt), dann wächst der Wunsch, für die empfangenen Wohltaten etwas zurückzugeben. Nun lässt sich das insofern schwer umsetzen als der Sauerstoff, den wir atmen, von Pflanzen in die Atmosphäre gebracht wurde, die längst nicht mehr da sind. Hier sprechen die Autoren nun vom „giving forward“ – wir fangen an zu überlegen, was wir künftigen Generationen von Lebewesen auf diesem Globus Gutes hinterlassen können.

 

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Gute Bibelfragen

„Antworten auf alle Fragen findet du in Gottes Wort“, lautete ein Aufkleber, den in grauer Vorzeit Bekannte von mir auf ihren Bibeln spazierentrugen. Vermutlich habe auch sie inzwischen entdeckt, dass das so nicht stimmt. Es gibt viele Fragen, auf die die Bibel nicht antwortet: Wie wird das Wetter morgen? Warum hat Angela Merkel die Wahl gewonnen? Ist diese oder jene Person „die Richtige“ für mich? Muss man die Musik von Xavier Naidoo mögen?

Diese Woche las mein Sohn ein paar der verstörenderen Passagen aus dem Ersten Testament und wunderte sich über diese oder jene recht blutrünstige Episode. Passend dazu fand ich einen Post von Rob Bell, der anmerkt, dass man selten eine gute Antwort auf die Frage findet, warum Gott dieses oder jenes befahl (und in welches Licht das nun Gott rückt, wenn da hunderte oder tausende sterben müssen).

Wir kommen weiter, wenn wir fragen,

  • warum jemand es wichtig fand, eine solche Geschichte zu erzählen
  • was der Anlass war, sie aufzuschreiben
  • was sich in der damaligen Welt abspielte
  • was der Text über das Selbst- und Gottesbild derer aussagt, die ihn verfasst haben
  • was für eine Geschichte hier eigentlich erzählt wird

Wer sich dafür interessiert, wie solches Fragen sich auswirkt, für den spielt Bell das am Beispiel der Sintflut einmal durch.

Bible

(Bild: „Bible“ von Chris Zielecki via Flickr, creative commons 2.0)
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