Von der Rolle

Das Magazin der SZ portraitiert unter dem Titel “Rabenmutter” Ursula von der Leyen. Aber diesmal steht weniger die Neugier im Zentrum, wie eine Frau Großfamilie und Amt verbindet, sondern das dämliche Genörgel an ihrem Lebensstil und die Neidkampagnen samt der überholten Rollenbilder, auf denen diese fußen. Lesen!

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Der Preis von Gerechtigkeit

Gestern Abend haben wir mit Freunden Roman Polanskis Oliver Twist angesehen. Es ist so lange her, dass ich das Buch gelesen habe, dass die Geschichte wieder ganz neu und fremd war. Es hat mich recht nachdenklich gemacht.

Zwar haben wir in einigen europäischen Ländern die Situation verbessert, aber dann liest man von anderen Ländern, in denen hunderttausende Kinder auf den Straßen leben und womöglich den Todesschwadronen zum Opfer fallen. Und viele andere Kinder werden ausgebeutet. Heute macht die Globalisierung das, was zu Dickens‘ Zeiten die industrielle Revolution machte: Einige wenige werden schrecklich reich und viele andere unvorstellbar arm und elend.

Wohltätigkeit alleine wird das nicht verändern. Es muss ein zähes Ringen um Gerechtigkeit hinzu kommen. Im Film verkörpert dies die Figur der Nancy, die ihr eigenes Leben riskiert (und verliert), um Olivers Kidnappern das Handwerk zu legen. Gerechtigkeit hat also zuweilen einen hohen Preis, auch heute. Polanski hätte auch in Lateinamerika im 21. Jahrhundert drehen können.

Übrigens: Wer eine Filmnacht ins Auge fasst, kann nach einem Päuschen in John le Carrés Der Ewige Gärtner gehen. Ich habe bisher nur das Buch gelesen, aber das hatte es in sich.

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Liebe ?!?

Mich erstaunt immer wieder, wie unterschiedlich das Wort Liebe verstanden wird. Wenn wir mit Paaren sprechen, die heiraten wollen, fragen wir regelmäßig, was sie sich unter “Liebe” vorstellen. Ich glaube, manche überrascht diese Frage zwar, aber dann gibt es immer interessante Gespräche.

Weihnachten wird ja auch immer mit diesem Begriff in Verbindung gebracht, aber richtig verstanden prägt es ihn auch in einem ganz bestimmten – und, wie ich finde: im besten – Sinne. Ich habe mich die Tage auch an zwei Beschreibungen erinnert.
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Reingezappt

Gestern abend habe ich von Harald Schmidt zu Kerner gezappt und bin zum ersten Mal (sonst macht Kerner keinen Stich gegen Schmidt) dort hängen geblieben. Grund war Bernd Siggelkow von der “Arche” in Berlin-Hellersdorf, der dort von seiner Arbeit unter sozial beachteiligten Kindern sprach.

Ich fand nicht nur die Arbeit toll, sondern auch die sympathische Natürlichkeit, wie er auf seinen Glauben zu sprechen kam. Wer es noch mal sehen will, kann seinen Videorecorder auf Freitag früh 3:15 bis 4:20 Uhr programmieren. Bruno Jonas über Glauben und Kirche hatte ich schon verpasst, der ist auch mit von der Partie und sicher für ein paar überraschende Einsichten gut.

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Verlorene Geschichte

Wie ein Nachtrag zu unserem Abend über Haltbare Beziehungen letzten Sonntag empfand ich heute das Interview mit Alexa Hennig von Lange in den Nürnberger Nachrichten. In ihrem aktuellen Buch erzählt sie von einer jungen Ehe, die schließlich scheitert. Bemerkenswert ist ihr Fazit: Indem der Protagonist Philip seine Frau Elisabeth verlässt, nimmt er ihr ihre Geschichte weg. Vor ein paar Monaten habe ich mit jemandem über eine Trennung gesprochen, die Jahre zurücklag, aber immer noch wie ein gähnendes Loch in der Biografie und im Selbstbewusstsein wirkte. Nach dem Gespräch hat mich dieses Gefühl der Leere noch Tage verfolgt, obwohl ich gar nicht betroffen war. Ein ganzes Stück Lebensgeschichte war verloren, darin lag die Bitterkeit der Erfahrung.

Mir gefällt aber vor allem auch die positive Haltung, die aus diesem Interview spricht: Dass ein Eheversprechen eine Grundlage von Vertrauen für eine Beziehung schafft oder auch, dass Kinder haben zu wollen gesund ist und zum Leben dazu gehört, weil es eben auch darum geht, etwas von sich selbst weiterzugeben und nicht zu denken, das lenke vom Leben ab.

Das dritte, was mir auffiel, ist wie auch hier ganz selbstverständlich von eine Gefühl der Verlorenheit geredet wird. Das Bewusstsein ist offenbar in der Gesellschaft vorhanden. Die Aufgabe ist es, von Schriftstellern und Journalisten zu lernen, worin dieses Gefühl besteht und es richtig und einfühlsam anzusprechen, vor allem ohne die Attitüde moralischer Überlegenheit. Dass ich in einer heilen Ehe lebe, hat damit zu tun, dass Gott mich vor allen möglichen Dummheiten bewahrt – nicht damit, dass sie mir nie in den Sinn gekommen wären. Spuren von Verlorenheit tragen – wenn man ehrlich ist und genau hinsieht – alle mit sich herum: ein guter Punkt, um zwischen Christen und Nichtchristen ins Gespräch zu kommen.

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Keine Kinder für Babylon?

Irgendwie werde ich das Thema nicht los und fange wohl erst langsam an zu verstehen, warum das so ist. Walter Brueggemann hat eine spannende Beobachtung zu den Ursachen unserer krassen demographischen Entwicklung gemacht. Für ihn hat es mit der Abstumpfung und der Hoffnungslosigkeit zu tun, die Wohlstand und Konsumgesellschaft in unserem Bewusstsein hinterlassen. Im Umkehrschluss bedeutet das, es braucht mehr als magere finanzielle Anreize, sondern eine durchschlagende Vision und Botschaft der Hoffnung, wenn sich etwas ändern soll:

Der Begriff der Unfruchtbarkeit kann als Zustand der Verzweiflung in unserer Gesellschaft verstanden werden. So wird beispielsweise “Eunuchen” beiderlei Geschlechts ihr Mannsein und Frausein genommen durch den Druck und die Forderungen der Firma, der Akademie oder der Gemeinde. Tatsächlich wird deutlich, dass Professoren und Pfarrern ihre Energie und Familienleben ebenso effektiv genommen wird, wie denen in der Wirtschaft. Sie haben keine ausreichende Energie um schwanger zu werden oder zu zeugen, und wer will schon neue Kinder für Babylon gebären? Unsere geschichte beginnt immer mit der Unfruchtbaren, mit Sara (Gen 11,30), mit Rebekka (Gen 25,21), mit Rahel (Gen 29,31), mit Hanna (1. Sam 1,2) und mit Elisabeth (Luk 1,7). Ihnen, immer so gut wie tot (Hebr 11,12), wird das wunderbare Geschenk zuteil.

Das Unvermögen ein Kind zur Welt zu bringen ist eine merkwürdige Sache und wir wissen, dass bei all unserer Wissenschaft die Gründe meistens historische, symbolische und zwischenmenschliche sind. Es ist oft eine Nachricht – gute Nachricht, Doxologie – die die neue Zukunft in Kraft setzt und die neue Energie um zu gebären.

(The Prophetic Imagination, S. 75)

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Familienfeindliche Sozialsysteme

Verbesserungen beim Kindergeld und dem Beitrag zur Pflegeversicherung sind Augenwischerei, wie Sozialrichter Jürgen Borchert in einem (nicht nur für Familien) lesenwerten Interview der SZ sagt. In Wahrheit benachteiligen unsere Steuer- und Sozialsysteme Familien weiterhin massiv, nur eben so, dass es weniger auffällt.

Was dabei alle angeht und ärgerlich ist: Wieder mal verschieben wir Probleme in die Zukunft. Und ob ein möglicher Regierungswechsel daran etwas ändert, darf bezweifelt werden.

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Verantwortungsflüchtlinge

Gestern morgen las ich in der Zeitung, dass nach einer Studie des Innenministeriums inzwischen über 14% der jungen Frauen und über 26% der jungen Männer keine Kinder wollen. Gegenüber 1992 ist das ein Zuwachs von etwa 50% bei Frauen und über 100% bei Männern. Und es steht ja zu vermuten, dass die, die keine Kinder wollen, ziemlich sicher keine bekommen werden, während sich umgekehrt ja leider längst nicht bei allen anderen, die sich eigentlich Kinder wünschen, dieser Wunsch auch erfüllt.

Ob und wie sich dieser Trend umkehren lässt wird die Experten beschäftigen. Ich denke aber auch, dass die Zahlen deutlich zeigen, dass die Männer hier das größere Problem sind (und schon immer waren) – nicht die Frauen. Wie bringt man Männer dazu, gerne Verantwortung zu übernehmen?
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