Füttern für den Frieden

Als ich vorgestern nach Hause kam, lag ein totes Rotkehlchen vor dem Fahrradschuppen. Einer der zahlreichen Stubentiger aus unserer Straße dürfte der Übeltäter gewesen sein. Wenn er wenigstens eine der vielen Elstern erwischt hätte, aber an die trauen sich Hauskatzen nicht heran.

Ich war wütend.

Anders als Hunde, deren Jagdtrieb von ihren Haltern weitgehend kontrolliert wird und die auch gar kein Interesse an Singvögeln zeigen, nehmen die Besitzer der lieben Kätzchen es achselzuckend hin, dass die Vogelpopulation um uns her mächtig leidet. Sinnlos, sich bei ihnen zu beklagen, sie müssten ihre Lieblinge schon einsperren (oder ihnen Glocken umhängen).

Gestern hatte ich dann eine Idee, wie sich das Problem eleganter lösen lässt: Katzen lassen sich ja nach meiner Beobachtung von so ziemlich jedem füttern. Wenn ich die Verdächtigen möglichst reichlich mit Nahrung versorge, dann sind sie irgendwann nicht mehr ohne weiteres in der Lage, Meisen und Rotkehlchen zu morden. Nicht, weil sie nicht mehr hungrig wären – Hunger ist nicht ihr Antrieb zum Töten, die Beute wird ja nicht verspeist – sondern weil sie zu langsam und zu schwer sind.

Die Devise heißt also: Füttern für den Frieden.

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Verkehr(te)s Gleichnis

Es fuhr ein Mann im silbernen Kompaktklasse-Kombi auf der Autobahn, der fürchtete sich nicht  im dichten Verkehr und wagte sich auf die linke Fahrspur. Es war aber ein dunkler Oberklasse-PKW hinter ihm auf derselben Autobahn, der war sehr ungehalten über die Existenz so vieler langsamerer Fahrzeuge und fuhr bis auf 5 Meter auf.

Der Kombifahrer wollte im ersten Moment nicht einsehen, warum er unbedingt Platz machen muss – schließlich waren da noch viele gleich schnelle Fahrzeuge vor ihm. Danach aber dachte er bei sich selbst: Wenn ich auch keinen vernünftigen Grund sehe, Platz zu machen, will ich doch dem Drängen dieses Gehetzten, weil er mir so viel Mühe macht, nachgeben, damit er sich und uns alle nicht weiter gefährdet.

Und der Herr fügte hinzu: Bedenkt, was der Kombifahrer sagt. Sollte Gott zögern, denen den Weg frei zu machen, die ihn so pentetrant drängeln?

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Jungfrauengeburt: Studie mit neuen Erkenntnissen

Ein Freund hat mir die Auswertung einer repräsentativen medizinischen Langzeitstudie der University of North Carolina zugesandt, die kürzlich im British Journal of Medicine erschien. Dort heißt es, dass im Zeitraum von 1995 bis 2008/2009 in einer Gruppe von 7870 Mädchen und Frauen insgesamt 5340 schwanger wurden. 45 von ihnen (0,8%) gaben an, jungfräulich schwanger geworden zu sein, also ohne jemals Geschlechtsverkehr gehabt zu haben (eine Kurzübersicht bzw. Interview gibts hier).

Bemerkenswert sei, so die überraschten Forscher, in dieser Gruppe der hohe Anteil von Frauen mit konservativen Moralvorstellungen, aus dem heraus sie wohl auch sich ausdrücklich verpflichtet hatten, sexuell enthaltsam zu bleiben (30,5% gegenüber 15% bei den anderen Schwangeren). Außerdem befürworteten vergleichsweise viele der betroffenen Jungfrauen den Einsatz von Kondomen (67,8% gegenüber 30,2% in der Gruppe der anderen Jungfrauen), wussten aber über die konkrete Verwendung derselben weniger gut Bescheid.

Interessant fanden die Forscher auch, dass die Eltern der schwangeren Jungfrauen überdurchschnittlich häufig angaben, sich mit Sex und Verhütung nicht besonders gut auszukennen und über das Thema nur selten oder ungern in der Familie zu reden, um die Kinder nicht in Verlegenheit zu bringen.

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Des Papstes neue Kleider…

Lieber Peter Rollins,

seit dem Apostel Paulus ist es keinem christlichen Theologen mehr gelungen, eine „Narrenrede“ im Stil von 2. Korinther 10 hinzulegen. Paulus, der den von obskuren „Superaposteln“ verwöhnten Korinthern nicht nur paradox den Spiegel vorhält, in dem sie ihre eigene Blasiertheit erkennen konnten, sondern der auch noch den Jargon und die Superlative seiner Kritiker ins Absurde zieht. Und der dreist genug ist, von der äußeren Armseligkeit seiner eigenen Existenz die Verbindung zu leidenden Christus zu ziehen.

Doch jetzt, das muss ich anerkennend sagen, hat Paulus in Dir einen kongenialen Nachfolger gefunden. Und ein paar Zeilen Werbetext reichen dazu aus:

the Idolatry of God event has been carefully curated to provide a stage upon which the most innovative and paradigm shifting evolution in Christian thought and practice can be presented. Calling into question the most basic assumptions concerning faith that are shared by theists and atheists alike a radical form of faith collective will be explored that has the potential of usurping the dying church in its currently existing form.

Einfach genial, wie Du hier die Superlative des frommen Marketing vorführst: Der „innovativste Ansatz überhaupt“, und zwar nicht nur Theologie, sondern auch Praxis. Hoch überlegen, egal ob man der „sterbenden Kirche“ angehört oder schon Atheist ist. Und dann wird auch noch eine feindliche Übernahme der Konkursmasse religiösen und areligiösen Denkens in Aussicht gestellt. Weltherrschaft!

Christen und Atheisten werden ihre Grabenkämpfe aussetzen und auf deine Provokation anspringen. Sie werden Dich als neuen gemeinsamen Feind entdecken, ihre Differenzen begraben und vereint gegen Dich antreten. Und damit wird Dir gelingen, was seit 200 Jahren oder mehr nicht möglich war, nämlich Frieden zu schaffen in einer ganz neuen Dimension.

Denn Dein Ziel ist es ja gar nicht, sie zu überwinden oder zu widerlegen – zumal Dein Cocktail aus zusammengewürfelten Paradoxien von Johannes vom Kreuz, Heidegger/Bultmann, frühem Barth und Zizek alles ja andere als bahnrechend neu ist – sondern sie mit der Aussicht auf einen leichten Sieg im theologischen Boxkampf zum Übermut zu verleiten und dazu zu bringen, am Ende über ihre eigenen Füße zu stolpern – Dekonstruktion im wahrsten Sinn des Wortes. Argumentativ ist den Taschenspielertricks, mit denen Du Glauben und Unglauben ständig vertauschst, ja gar nicht beizukommen. Wer es versucht, hat schon verloren, weil Du Dich im entscheidenden Moment in ein unscharfes „Kollektiv“ verwandelst, dessen Position unbestimmbar ist.

Und schließlich führt das Hypermarketing für Euren Event in Belfast die Superlativrhetorik des frommen Kommerzes und Konferenztourismus souverän vor. Wenn die ganz Unentwegten dann im April bei Euch auf der Matte stehen, werden sie nichts anderes sehen, als ein paar nachdenkliche Leute, die sich redlich mühen, das mit Jesus irgendwie zu kapieren und praktisch umgesetzt zu bekommen, und die dabei irren und scheitern. Sie werden sehen, dass sie das dort, wo sie sind und leben, auch ganz leicht schaffen, gern dahin zurückkehren und sich zusammen mit anderen unspektakulären Leuten fragen, was es wohl bedeutet, Gott und ihren Nächsten zu lieben. Denn wer genau hinsieht, erkennt in Dir trotz der theatralischen Pose des Besserzweiflers den weinenden Propheten, der die „sterbende Kirche“ liebt und ihre Auferweckung ersehnt.

Daher suggeriert das Projekt „Pyrotheology“ ein rauschendes Feuerwerk, das in Wirklichkeit aus einem einzigen Knallfrosch besteht – aber wir beide wissen ja auch: Schon ein Knallfrosch reicht aus, dass jemandem, der hoch zu Ross daherkommt, der theologische Gaul durchgeht. Und wenn darnach einem solchen schmerzhaften Sturz alle demütig und rechtschaffen ernüchtert über sich selbst begriffen haben, dass sie nur da stark sind, wo sie zu ihrer Schwäche stehen und sich gegen allen Augenschein an Gott halten, dann ist das Ziel erreicht und die Evolution 1950 Jahre nach Paulus ans Ziel gekommen. Gott sei Dank! Das neue Zeitalter ist angebrochen, Phönix emergiert aus der Asche toter Tradition und die widersprüchliche Widerspruchsfreiheit bisheriger Inkarnationen des Glaubens weicht einer widerspruchslosen Widersprüchlichkeit, der sich niemand mehr entziehen kann. Halleluja.

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Auf die Schrippe nehmen

Nach ein paar Tagen medialem Schrippenkrieg stellt sich mir die Frage: Muss ich mich jetzt auch aufregen, weil beim Bäcker jemand Brötchen statt Semmeln kauft? Und wäre „Semmeln“ nicht zu bayerisch, müsste man also doch bitteschön auf „Weggla“ bestehen und den Brötchenkunden oder Schrippenkäufer im Laden so lange zappeln lassen, bis er die richtigen Worte findet?

Liebe Berliner, von denen nicht gerade wenige in den letzten Jahrzehnten nach Erlangen oder München gezogen sind: Willkommen in unserer Welt! Unsere Städte bestehen schon seit Jahrzehnten hauptsächlich aus Zugereisten, die ihre Sprachgewohnheiten ungefragt mitbringen und verbreiten. Wir leben eigentlich ganz gut damit, als Eingeborene in der Minderheit zu sein. In München etwa spricht noch ein Prozent der jungen Leute Dialekt, hieß es vor zwei Jahren. In Erlangen dürfte sich die Mundartkompetenz entsprechend im Promillebereich bewegen.

Aber vielleicht braucht es ja ein paar Schwaben, um aus der Berliner Seele den Spießer hervorzulocken, den dort niemand vermutet hätte – schon gar nicht die Berliner selbst. Nehmt Euch doch mal wieder selbst auf die Schrippe! Oder tut Euch mit den Schweizern zusammen, die sind Euch in Sachen Schwabenpolemik ein Stück voraus und freuen sich über unerwartete Schützenhilfe.

Freilich hat die östliche Schweiz im Mittelalter lange zum Herzogtum Schwaben gehört und die preußischen Könige und Erbauer des modernen Berlin sind Hohenzollern. Deren Stammsitz steht …im tiefsten Schwaben.

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Ist Gott grün?

Diese Frage warf jemand letzte Woche in einer e-mail auf. Seither habe ich immer mal wieder darüber nachgedacht. Mein erster Gedanke dazu war: Einen farblosen Gott kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.

Man kann Gott nun mit allen möglichen Farben in Verbindung bringen. Ich fand ja immer, blau müsse seine Lieblingsfarbe sein, dicht gefolgt von Grün, wenn der Blick an den Himmel bzw. von oben auf die Erde etwas zu sagen hat.

Theologisch korrekter wäre vielleicht die Orientierung am Regenbogen: Das sind so ziemlich alle Farben drin. Mit einer Ausnahme: Schwarz!

Also lautet die korrekte Antwort auf die Frage, ob Gott grün ist: Ich weiß es nicht genau. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass er nicht schwarz sein kann. Das sollte zur Orientierung doch ausreichen, oder?

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Liebe Frau Dr. Käßmann,

vor ein paar Tagen las ich, dass Ihnen der Europäische Kulturpreis für Zivilcourage verliehen werden soll. Ihre Kritiker waren empört. Pazifisten, Feministinnen und viele andere Menschen im Land freuten sich. Kurz darauf machte die Nachricht die Runde, dass Sie den Preis abgelehnt haben. Die Empörten schwiegen irritiert, die Erfreuten schwiegen aus Hochachtung.

Dass Sie den Preis nicht angenommen haben, war richtig, Schließlich haben Sie im letzten Jahr – nach den (so die Stiftung) preiswürdigen Worten zu Afghanistan – einige schwere Fehler gemacht. Nein, ich meine nicht die Alkoholfahrt, sondern Ihren Umgang damit. Sie hätten nämlich auf die ersten Enthüllungen erwidern müssen, diese Vorwürfe seien „abstrus“. Das hätte Ihre Unterstützer mobilisiert und eine kleine Medienschlacht angezettelt. Es ist zwar schwer, einer so integren Institution des öffentlichen Lebens wie Bild irgendeine Parteilichkeit oder verdeckte Interessen zu unterstellen, aber einen Versuch wäre es allemal wert.

Natürlich hätte die Polizei der Öffentlichkeit irgendwann Beweise präsentiert. Bis dahin hätten Sie die Gelegenheit gehabt, alle kirchlichen Gremien davon zu überzeugen, dass man auf eine Lichtgestalt wie Sie unmöglich verzichten kann. Und dann hätten Sie gelassen an Schritt zwei der Bewältigungsstrategie herangehen können: Scheibchenweise Geständnisse längst bekannter Fakten in verharmlosender Sprache („Einzelfall“, „eventuell“, „hier und da“, „könnte sein“) mit umfangreichen Rechtfertigungen (Verweis auf Ihre vielen Aufgaben und die Schwierigkeit, sich zu erinnern; Anspielung auf Ihre Verdienste und den Stress damals zur Zeit der Führerscheinprüfung). All das natürlich nur vor ausgewählten Journalisten.

Schließlich hätten Sie kurz vor dem Prozess vor dem Verkehrsgericht ankündigen können, dass Sie Ihren Führerschein zurückgeben. Aus freien Stücken natürlich, und weil Sie bei genauerer Betrachtung zu dem Ergebnis gekommen sind, dass da „Blödsinn“ passiert sei. Allerdings nicht ohne den Hinweis, dass dieser Verzicht Sie schmerzt, und nicht ohne Seitenhiebe auf Gegner, die Ihnen die gebührende Demut abgesprochen hätten. „Wer ohne Knöllchen ist, werfe den ersten Steinhäger„, hätte das Sonntagsblatt titeln können, und dann Anspielungen auf Verkehrsdelikte anderer machen.

Ihre Hilfstruppen hätten sich daraufhin auf Facebook und vor den Mikrofonen der Journalisten davon beeindruckt gezeigt, wie mutig Sie Fehler einräumen und die mediale Hetzjagd auf Sie kritisiert. Anspielungen darauf, dass die Staatsanwälte in Hannover eine Landplage seien, erfolgreiche Menschen hassen und kirchenfeindlich gesinnt seien, wären auch eine Überlegung wert gewesen. Was auf keinen Fall fehlen darf, wäre der Hinweis, dass hier Männer versuchen, eine starke Frau zur Strecke zu bringen, oder Spekulationen darüber, ob denn die Rüstungslobby, die Sie mit ihrer Kritik am Krieg vergrätzt hatten, vielleicht auch den Alkomaten hergestellt (und womöglich frisiert?) hatte.

Der Rat der EKD hätte erklärt, dass man Sie als Bischöfin und nicht als Fahrerin gewählt hätte, dass Sie ohnehin selten selbst am Steuer sitzen und dass ein Führerschein keine Bedingung für kirchliche Ämter ist. (Fußnote: Wo war Ihr Fahrer eigentlich an diesem Abend – und könnte man ihn dafür vielleicht schnell noch feuern?) Und dann hätte jemand gesagt: Nichts ist gut in Deutschland, so lange wir uns hier über Fehler im Promillebereich ereifern, während in Afghanistan und anderswo Menschen sterben.

Und wo wir schon dabei sind: Eigentlich müsste die Öffentlichkeit doch dankbar sein dafür, wie Sie das Thema Alkoholmissbrauch und Risiken im Straßenverkehr wieder ins Gespräch gebracht haben! Womöglich werden so viele hundert, ach was, tausende schwerer Unfälle verhindert weil nach diesem Vorfall nicht nur Sie so vorbildlich in sich gegangen sind, sondern auch viele andere ihre Trink- und Fahrgewohnheiten geändert haben.

All das haben Sie unterlassen und damit bewiesen, dass Sie die deutsche Öffentlichkeit nicht verstehen, die lieber verbogene Helden als gar keine möchte, so lange die nur gut aussehen und jugendlich-dynamisch rüberkommen. Zivilcourage hat in der Kultur Europas doch nichts mit Mut zu tun, sondern mit der Dreistigk… Durchsetzungsfähigkeit, das Offensichtliche beharrlich kleinzureden, wegzulächeln und auf bessere Tage oder die Vergesslichkeit der Leute zu hoffen.

Dass Sie nun nicht etwa ihre Schwester oder einen Pressereferenten zur Preisverleihung in die Paulskirche schicken, sondern ganz verzichten, weckt dennoch Hoffnung. Es zeigt, dass Sie – spät, aber immerhin – die perfide Strategie der obskuren Europäischen Kulturstiftung durchschaut haben, die im Geiste von Wikileaks & Co einen gefährlichen Anschlag auf unsere Gesellschaft plant und einen Keil in die Beziehung zu wichtigen Verbündeten südlich der Alpen zu treiben versucht.

Sie zeichnen sich damit im Übrigen auch als wahrhaft konservative Denkerin aus. Und dafür lässt sich mit Sicherheit ein anderer Preis finden. Den sollten Sie dann mit einem gerüttelt Maß an Demut vor dieser unserer aller Kultur auch bitteschön annehmen.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr Peter Aschoff

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Lebensabschnittsgemeinden

Im Gespräch mit einem Freund kam ich darauf, dass es (vor allem in größeren Städten) das Phänomen einzelner Gemeinden gibt, die viele junge Leute anziehen – weil viele andere junge Leute da sind und man dort gute Aussichten hat, bei der Partnersuche fündig zu werden. Ist das Kunststück dann geschafft, kommt gar das erste Kind, dann sind die Paare so schnell wieder verschwunden, wie sie dort aufgetaucht waren.

Die Pastoren dieser Gemeinden glauben gerne, dass der Zulauf mit ihrer Predigtgabe zu tun hat, während viele Gottesdienstbesucher ein Auge anbetend schließen und mit dem anderen nach dem/der potenziellen Angebeteten Ausschau halten. Daran ist ja auch nichts verkehrt, so lange man sich eingesteht, wie die Gruppendynamik tatsächlich funktioniert. Vielleicht sollte man das ja nicht „Gemeinde“ nennen, sondern „Worship-Dating“? Aber dann würde es vielleicht nicht mehr so gut funktionieren.

Wo ich schon mal dabei war, fragte ich mich gleich weiter, ob dann die Gemeinde für Eltern von Kindergarten- und Schulkindern folgt, und auch dafür spricht einiges. Viele Väter und Mütter entscheiden sich für die xy-Gemeinde und deren Gottesdienst, weil der Nachwuchs dort am besten „versorgt“ ist. Und auch da denken manche Pastoren irrigerweise, es seien ihre attraktiven Predigten, die die Gemeinde zum Blühen bringen. Wenn die Kinder groß genug sind, wandern sie und ihre Eltern allmählich weiter – nicht unbedingt in dieselbe Richtung. Und dann erst stehen die Chancen gut, dass Predigten – neben dem Gospel- oder Bachchor, der ausschlafkompatiblen oder sonntagswandererfreundlichen Gottesdienstzeit, zumutbarer Entfernung, Raumtemperatur und dezenter Beleuchtung oder Verdunkelung – die Entscheidung irgendwie beeinflussen.

Parallel gibt es das Phänomen der Ein-Generationen-Gemeinde: Sie haben als Jugendgruppe oder junge Erwachsene angefangen und werden nun gemeinsam alt. Irgendwann haben sie sich alle ineinander verliebt, ein paar haben auch heraus- oder hineingeheiratet, dann haben fast alle Kinder bekommen. Und als man die gemeinsam groß gezogen hatte, sind die in eine Gemeinde abgewandert, wo sie einen Partner finden konnten. Die Eltern werden gemeinsam älter und …

… ja, was nun?

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Bekommt Rick Warren sein Fett ab?

Daran kam auch die SZ nicht vorbei: Rick ist zu dick – und jetzt nimmt er ab. Er wäre aber nicht Rick Warren, wenn er dazu keinen Plan schreiben und ihm einen biblischen Namen verpassen und das Ganze promoten würde. In diesem Fall heißt er „Daniel“, weil der beim persischen König vegetarisch lebte.

Abnehmen ist ja ein eminent biblisches Thema. Ich habe mir überlegt, welche Bibelstellen da in Anschlag gebracht werden könnten. Klassisch natürlich Johannes der Täufer, der im Blick auf Jesus (der war natürlich schlank! – ich habe noch nie ein pummeliges Jesusbild gesehen) sagte:

Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen (Johannes 3,30)

Ergo, so zitiert die SZ Warren, werden Christen Gott eines Tages darüber Rechenschaft ablegen müssen, wie sie mit ihrem Körper umgegangen sind. Gott als der himmlische Weightwatcher, vor dem wir Rechenschaft ablegen über jedes unnütze Wort (Matthäus 12,36) – und überflüssige Pfund? Sind vielleicht nicht nur unsere Haare auf dem Kopf gezählt (Mt 10,30), sondern auch jedes Gramm auf unseren Rippen? Vielleicht erhellt sich auch von hier aus, warum im Alten Testament neben dem Blut oft auch das Fett der Opfertiere auf dem Altar landete? Warum haben eigentlich die Reformatoren, Heiligen und Lehrer der Kirche bisher Levitikus 3,17 ignoriert:

Als feste Regel gelte bei euch von Generation zu Generation an allen euren Wohnstätten: Ihr dürft weder Fett noch Blut genießen.

Und ein paar Verse weiter lesen wir diese eindringliche Warnung

Jeder, der dennoch das Fett eines Tieres isst, das man als Feueropfer für den Herrn darbringt, soll aus seinen Stammesgenossen ausgemerzt werden.

Denn Dicke sind schlechte Menschen, sagt uns die Bibel:

Sie sehen kaum aus den Augen vor Fett, ihr Herz läuft über von bösen Plänen. (Psalm 73,7)

Schon mal gemerkt, dass „fett“ im Neuen Testament ü-ber-haupt nicht vorkommt? Was sagt uns das wohl über den Willen Gottes? Nehemia, ein Zeitgenosse Daniels und selbst im Fasten geübt, schreibt selbstkritisch über das überhebliche Israel:

Sie eroberten befestigte Städte und fruchtbares Ackerland. Häuser mit all ihrem Reichtum nahmen sie in Besitz, ausgehauene Zisternen, Weinberge, Ölbäume und Obstbäume in Menge. Sie aßen sich satt, wurden fett und lebten gut von deinen reichen Gaben. (Nehemia 9,25)

Diese Aussagen haben Gewicht – theologisches natürlich. Es kann sich also nur um einen Übersetzungsfehler der Einheitsübersetzung handeln, wenn dort steht:

Hört auf mich, dann bekommt ihr das Beste zu essen und könnt euch laben an fetten Speisen. (Jesaja 55,12)

Zyniker könnten sich freilich zu der Unterstellung versteigen, dass Warren sich selber hier unter öffentlichen Erfolgsdruck setzen könnte, oder darüber spekulieren, ob Saddleback bald die schlankeste Gemeinde der USA ist, weil alle Übergewichtigen in andere Kirchen abgewandert sind.

Nein, Warren wird sein Fett natürlich abkriegen, und viele andere auch. Und dann gibt’s am Ende der einjährigen Diät ein dickes Lob für alle, die durchgehalten haben. Und ein Buch mit Bildern, Geschichten und Gruppenleitfaden. Und ein Video. Und eine Palette biblisch korrekter Fettigm… Fertigmahlzeiten.

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Worship Bingo

Die Sprache der Anbetung ist ja die Sprache der Liebe und der Poesie – Logik ist da erst mal zweitrangig. Heute morgen etwa sangen wir den Satz „Du bist mein Stecken und mein Stab“, in einer Adaption von Psalm 23. Trotzdem: Gott als mein Stecken… ?

Aber auch die Poesie wäre ausbaufähig. Frische Worte und schöpferische sprachliche Bilder täten vielen Liedern gut. Sonst kommt es irgendwann noch so weit, dass unsere Gemeindeglieder anfangen, Worship Bingo zu spielen. Die Regeln sind die gleichen wie hier, nur die Begriffe sind andere, und wer seinen Zettel als erste(r) voll hat, ruft natürlich „Halleluja“.

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Feigenhasser

Über einen Post von Michael Frost auf Facebook fiel mir das folgende Dokument in die Hände. Jetzt wissen wir, warum es vielen Menschen auf dieser Welt so schlecht geht! Ich kann nur sagen: Wer Ohren hat zu hören, der höre…

Feigen.jpg  
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Beschützt und geborgen

Nach ein paar Tagen in den Schweizer Bergen muss ich mal einen Dank loswerden – an die eidgenössische Luftwaffe. Die hat uns mit zahlreichen Überflügen das beruhigende Gefühl vermittelt, dass am Himmel oben jemand stets über uns wacht. Man kann ja nie wissen, welche Schurken gerade irgendwelchen Terror aushecken, daher ist präventive und demonstrative Verteidigungsbereitschaft so entscheidend in dieser unsicheren Zeit.

Besonders spektakulär waren die donnernden Loopings zweier Jetpiloten am Mittwoch am wolkenlosen Himmel über Grindelwald. Zuerst habe ich noch überlegt, ob dem staunenden Urlauber hier neben dem Schutz auch Unterhaltung geboten wird. Dann fiel mir ein, dass Loopings und ähnlich verschlungene Manöver zum Standardrepertoire der Alpenflieger gehören müssen. Wenn man mit Überschall länger als ein paar Minütchen geradeaus fliegt, hat man nämlich schon den heimischen Luftraum verlassen…

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Harte Zeiten für Vampire

Mittwoch mittag am Ostbahnhof in Berlin. Ich kaue das Produkt einer großen Sandwich-Kette und blicke durch die Glasscheibe hinaus Richtung Ausgang. Eine automatische Schiebetür öffnet und schließt sich, während Reisende den Bahnhof betreten oder verlassen. Auf – zu. Auf – zu.

Plötzlich wird das monotone Kommen und Gehen interessant: Eine Frau geht auf die Tür zu, aber die öffnet sich nicht. Die Frau geht ein paar Schritte zurück und nimmt einen neuen Anlauf – wieder nichts. Sie wippt auf den Zehenspitzen, sie wedelt mit der Hand – nichts. Unverrichteter Dinge dreht sie ab und verschwindet aus meinem Blickfeld.

Ich starre auf die Tür. Ist sie kaputt? Jemand nähert sich von außen. Sie öffnet sich und schließt sich wieder hinter der Person. Dann kommen zwei Leute von innen. Die Tür funktioniert tadellos. Ich versuche mich zu erinnern: Hatte die Frau nicht irgendwie transsilvanisch ausgesehen? Schattenkreaturen wie Vampire und Geister sieht man ja angeblich nicht im Spiegel. Da wäre es ja auch kein Wunder, wenn Bewegungsmelder sie ignorieren. Also stolpern sie über dunkle Flure und müssen Umwege in Kauf nehmen – die moderne Seite des alten Fluches. Vielleicht sieht man sie deshalb so selten.

Nachdenklich schlucke ich den letzten Bissen herunter. Es fühlt sich gut an, Mensch zu sein. Sogar die automatischen Türen sind uns untertan…

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Unweihnachtlicher Kalauer

Bevor gleich alles in Besinnlichkeit versinkt und die große Stimmung über uns kommt, hier eine drängende Frage, die mich seit einer Weile beschäftigt:

Wie nennt man das, wenn zwei Leute darum wetteifern, wer geistlicher ist?

Antwort (funktioniert bei Franken besonders gut):

Ein Spiri-Duell

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